Die Gemeinde Heilig Kreuz zu Weingarten
im Spiegel der Kirchenbücher des 18. Jahrhunderts
Von Friederike Kuhl


Die Begräbnisse
a) Das Sterberegister
b) Jährliche Begräbniszahlen und saisonale Schwankungen
c) Begräbnisse von Kindern
d) Kindersterblichkeit
e) Beispiele aus Weingartener Familien
f) Häufung von Sterbefällen in den Familien
g) Lebenserwartung
h) Todesursachen
i) Unglücksfälle und Begräbnisse Nichteinheimischer
j) Zusätzliche Angaben zu Verstorbenen
k) Bestattungen in der Pfarrkirche und von Pfarrern


e) Beispiele aus Weingartener Familien


Der allgemeine Anteil an der Kindersterblichkeit verteilte sich natürlich nicht auf alle Familien gleichmäßig, sondern traf manche sehr schwer, während andere weniger davon betroffen waren.

Das Ehepaar Jacob Strang / Margarethe Eicks war mit 12 Kindern das kinderreichste von allen, die im 18. Jahrhundert in der Gemeinde Heilig Kreuz gelebt haben. Von den 12 Kindern, die von 1758-1773 zur Taufe gebracht wurden, starb nur eins früh im Alter von 10 Tagen, soweit die Register nachweisen. Von acht weiteren Kindern ist durch spätere Eintragungen bestätigt, daß sie auch wirklich herangewachsen sind, für drei fehlen weitere Nachrichten.

Die Familie Roggendorf war im 18. Jahrhundert in der Gemeinde sehr zahlreich vertreten.14 Bei Arnold Roggendorf und seiner Frau Maria Gertrud Schorn liegt der für unseren Überlieferungsstand seltene Fall vor, daß in einer kinderreichen Familie von allen Kindern nach der Taufe noch weitere Daten eingetragen sind. Von den acht Kindern des Ehepaares, die von 1735 bis 1754 zur Taufe gebracht wurden, starb nur das jüngste früh, als Säugling von 2 Monaten. Von den sieben anderen ist durch spätere Eintragungen belegt, daß sie das Erwachsenenalter auch wirklich erreicht haben. Das Beispiel dieser Familie wäre also ein Gegenbeispiel gegen die hier vertretene Meinung, das Sterberegister weise Lücken auf. Aber in den meisten Familien, zumal solchen mit vielen Kindern, ist bei einer Reihe von Kindern nach der Taufe keinerlei Nachricht mehr vorhanden, durch die bewiesen wäre, daß das Kind entweder, wann auch immer, vielleicht erst als Erwachsener, gestorben ist oder als Erwachsener in der Gemeinde gelebt hat, also entweder geheiratet hat oder als Pate oder Trauzeuge aufgetreten ist. Die Familie Arnold Roggendorf bildet da eine Ausnahme. In anderen Familien fehlen weitere Nachrichten von bis zu sieben Kindern; eine amtliche Abmeldung gab es ja nicht. In der Familie Arnold Roggendorf ist von den sieben überlebenden Kindern bei sechs ein Heiratsdatum bekannt, eine Tochter blieb unverheiratet, und sie und fünf andere Geschwister starben im hohen Alter von 67 bis 89 Jahren in Weingarten.

Wenn hier zwei Familien aus Weingarten vorgestellt wurden, in denen von vielen Kindern jeweils nur eines starb, so muß doch auch sehr deutlich darauf hingewiesen werden, daß diese Fälle die Ausnahme bildeten; es gab Familien, in denen von sieben zur Taufe gebrachten Kindern nur eines 20 Jahre alt wurde, oder von 10 nur 5 usw.

Maria Sybilla Biertz war die Tochter von Heinrich Biertz, der von 1735-1787 52 Jahre das Küsteramt an der Kirche Heilig Kreuz zu Weingarten ausgeübt hat. Aus ihrer Ehe mit Heinrich Baedorf gingen 10 Kinder hervor, die in den Jahren 1778-1795 zur Taufe gebracht wurden. Zweimal wurden Zwillinge geboren. 15 Alle Kinder überlebten das Säuglingsalter, aber im Jahre 1793 starben innerhalb von nur 4 Wochen, vom 9. Mai bis 7. Juni drei der in dieser Zeit bereits geborenen 9 Kinder im Alter von 2, 4 ½ und 7 Jahren. 1795 starb ein Kind von 9 ½ Jahren, 1796 das letzte der vier Zwillingskinder mit 5 ½ Jahren; 1801 starb 6 ½jährig das jüngste, 1795 geborene Kind. Nur die vier ältesten Kinder erreichten vielleicht das Erwachsenenalter, denn nur bei zwei dieser Kinder gibt es durch spätere Eintragungen auch eine Bestätigung für diese Annahme: Die älteste Tochter, Catharina, wird in der Bevölkerungsliste von 1801 aufgeführt; auch sie starb, 27jährig, 1805 noch zu Lebzeiten der Eltern. Nur von dem ältesten Sohn Heinrich Baedorf ist nachzuweisen, daß er heiratete; er hat, noch zu Lebzeiten seiner Eltern, in Weingarten fünf Kinder zur Taufe gebracht. Es ist möglich, daß er als einziger von 10 Geschwistern das Alter von 30 Jahren erreicht hat.

Auch Gertrud Schiffmann mußte viele ihrer Kinder sterben sehen. Während ihrer Ehe mit Eberhard Schmitz wurden von 1725-1735 sieben Kinder geboren, drei davon starben: 1727, 1730 und 1734 mit 8 Monaten, 4 ½ und 6 Jahren. 1736 starben im Verlauf von 10 Wochen, vom 20. April bis 8. Juli, weitere drei Kinder und im August desselben Jahres auch ihr Mann. Als sie 1737 wieder heiratete, lebte von ihren sieben Kindern also noch eines, Philipp Schmitz, 8 Jahre alt. In der 2. Ehe mit Heinrich Ritter wurden noch zwei Kinder geboren, die beide erwachsen wurden. Die Tochter Catharina Ritter aus dieser 2. Ehe und der Sohn Philipp Schmitz heirateten und hatten auch Kinder; Gertrud Schiffmann hat auch ihren zweiten Ehemann noch überlebt, aber ihre Enkel hat sie nicht mehr gesehen, sie wurden 1761 kurz nach ihrem Tode geboren. Die beiden Ehemänner waren in der Gemeinde angesehene Persönlichkeiten, denn sie waren Schöffen in Arloff, und in der Begräbniseintragung steht: "honestus et discretus vir, scabinus in Arloff", das heißt übersetzt: "ein angesehener, vornehmer Mann, Schöffe in Arloff".


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Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993 - Mai 1993


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