200 Jahre Pfarrei Hl. Kreuz - „Kreuz“-Weingarten - 1804 - 2004
Chronik und Kirchenführer - von Hermann Josef Kesternich













Altes durch Neues bereichern
Zum Geleit - Pastor Nobert Prümm
“Kreuz“-Weingarten - Relikt aus der Franzosenzeit
Zur Geschichte und Ausstattung der Pfarrkirche Hl.Kreuz
Das Ensemble des Hochaltars
Das Langhaus
Das Seitenschiff
Glasmalerei
Glocken
Liste der Pfarrer von Kreuzweingarten
Nutzung des Pfarrhauses seit 2003
Situation der Pfarrei im Jahre 2004
Priester aus der Familie Everhard Schmitz und Barbara geb. Kessels
Kreuzweingartener Anekdoten
Literatur und Anmerkungen











Das Seitenschiff

Marienaltar und Pietà

Die Aufbauten des Marienaltars im Dechantengang sind Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts restauriert und im Barockstil des Hochaltares ergänzt worden. Reiche Ornamentik und begleitender Figurenschmuck der Evangelistensymbole, getragen von den Flügeln der Cherubim, Relieffiguren an den Säulenschäften und Putten sowie der Schriftzug des Totus tuus, der Wahlspruch von Papst Johannes Paul II., verleihen den Aufbauten eine fast überbordende Fülle an Aussagen und Interpretationsmöglichkeiten.

Dechant Bosshammer stiftete den Altar und Nikola Reinartz hat der Kirchengemeinde 1922 ein unvergleichlich schönes Kunstwerk übereignet, das in der konkaven Nische seinen Platz hat. Es stammt aus der Zeit des späten 16., die polychrome Fassung ist das Werk des frühen 20. Jahrhunderts und verkörpert den Typus der Pietà (lt. Frömmigkeit) oder des Vesperbilds. Es zeigt den toten Jesus auf dem Schoß seiner Mutter. Der Begriff Vesperbild erklärt sich vom Ablauf des Geschehens am Karfreitag und bezieht sich konkret auf den Zeitpunkt von Jesu Tod, den der Evangelist Lukas mit der „neunten Stunde" dokumentiert (Lk 23,44). Der Tag im Römerreich begann morgens um sechs Uhr, die „neunte Stunde" bedeutet also drei Uhr nachmittags. Die Zeit der Grablegung vor Beginn der Dämmerung (Joh 23,54) war am Rüsttag, kurz bevor der Sabbat anbrach. In den Klöstern ist bis heute die Vesper die Stunde des Abendgebetes und des Gedenkens an Christi Tod.

Die Kreuzweingartener Pietà zeigt Maria sitzend, ihren Kopf eingehüllt in eine faltenreiche Haube, bekleidet mit Kleid und Umhang, dessen Faltenwurf sowohl in steigender wie auch in fallender Linie auf die Bildmitte, auf Christus zeigt, der quer auf dem Schoß seiner Mutter liegt. Die Füße des Toten finden Halt auf der Erde. Mit der Rechten stützt Maria behutsam und doch mit festem Griff das „todmüde" Haupt des Leichnams, so wie Mütter den Kopf ihres Neugeborenen beim Tragen stützen. Mit der Linken hält sie den innen liegenden der beiden leblos gekreuzten Arme. Der Körper des Toten weist Blutspuren an den Wundmalen auf. Obwohl die Gesichtszüge deutlich von totaler Erschöpfung des Gefolterten zeugen, sind sie Ausdruck der Jesusworte: „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist" (Joh 23,46). Nach vollendetem Leiden ruht das Heil der Welt wieder auf dem Schoß der Gottesmutter, wie zu Beginn seines irdischen Lebens das Kind von Bethlehem.

Der Typ des Vesperbildes ist Ausdruck mystischen Nacherlebens des Leidens Jesu und ist vor allem im deutschsprachigen Raum verbreitet. Anders als in den meisten Darstellungen, in denen Maria in ihrem unermesslichen Schmerz den toten Sohn beweint, schaut die Kreuzweingartener Pietà den Betrachter an, nicht ohne stille, verklärte Trauer, aber auch nicht ohne Hoffnung zu vermitteln, als wollte sie noch einmal bekräftigen, was sie zu Beginn des öffentlichen Wirkens ihres Sohnes aufgetragen hat: „Was er euch sagt, das tut" (Joh 2, 5).

Die Heiligen Antonius von Padua und Aloysius

Die Figuren an der Nordwand des Dechantenganges sind Ausdruck zeitbezogener Volksfrömmigkeit und stammen aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. Der heilige Antonius von Padua, geboren 1195, portugiesischem Adel entstammend, tat sich hervor durch Predigten gegen die Ketzerbewegungen seiner Zeit. Antonius trägt die Kutte eines Franziskanermönchs, in der Linken ein Buch haltend, auf dem ein Kind sitzt. Diese im 19. und 20. Jahrhundert häufige Darstellung knüpft an eine Legende aus dem 14. Jahrhundert an, nach der dem Studierenden das Jesuskind beim Studium der H1. Schrift erschienen sein soll. Antonius starb 1231 in Padua, schon 1232 wurde er heiliggesprochen. Die Kirche feiert seinen Namenstag am 13. Juni. Weil sein Gedenktag in die Blütezeit vieler Blumen fällt, wird Antonius von Padua im Volksmund unserer Gegend auch „Bloometönnes", oder weniger respektvoll „Kappestönnes" genannt. Er ist nicht zu verwechseln mit Antonius dem Großen, dessen Attribut ein Schwein ist und daher „Söijstönnes" heißt, in Münstereifeler Landen besser als „Decke Tönnes" bekannt.

Der hl. Aloysius, geboren 1568, Sohn eines italienischen Markgrafen, als Knabe vom Vater zur Vorbereitung auf sein späteres Erbe in die Dienste der Medici nach Florenz und später des Herzogs von Mantua geschickt, ist dargestellt mit Chorrock ohne Stola, ein Kreuz in Händen haltend. Dieser Heilige missachtete die Verlockungen seiner Zeit und schloss sich - schließlich auch mit der Einwilligung des Vaters - dem Jesuitenorden an. 1591 wurde er ein Opfer der in Rom grassierenden Pest, indem er sich bei der Pflege der Schwerkranken selbst an der tödlichen Krankheit ansteckte. Er ist in der Kirche San Ignazio in Rom beigesetzt und wurde 1726 durch Papst Benedikt XIII. heilig gesprochen. Oft findet man ihn mit einer Lilie als Zeichen der Reinheit dargestellt. Er wird angerufen in Anliegen einer rechten Berufswahl und von der studierenden Jugend seit 1729 als ihr besonderer Schutzheiliger verehrt.

Taufnische

Der Fuß des dreiteiligen Taufbeckens besteht aus Urfter Marmor und ist um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden. Das ursprüngliche Tautbecken dient heute als Weihwasserbecken im Eingangsbereich der Kirche und wurde ersetzt durch ein Holzgefäß mit abschließendem Deckel. Der Osterleuchter wurde 1987 von dem Kreuzweingartener Jakob Bohnen aus einem zu ersetzenden Eichenbalken des Kirchturmes herausgearbeitet.

Der Weihwasserbehälter weist ein symbolträchtiges Ornament auf: Ein mit zwei Weintrauben gekröntes Kreuz, aus dessen Fuß vier Ähren hervorwachsen als bildliche Darstellung für den Ortsnamen „Kreuz-Wein-Garten".

Das Weihwasserbecken mit einer muschelförmigen Schale aus Urfter Marmor ruht auf einer Buntsandsteinsäule aus dem Jahr 1923. Die Buchstaben P,F,S,S an den Kreuzenden sind die Abkürzungen für Pater, Filius, Spiritus Sanctus, die lateinischen Wörter für Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Gotisches Kreuz

Im Bogen über der Ausgangstür hängt, durch Lichtschranke und Alarmanlage gesichert, das wohl älteste Kleinod der Kirche, ein spätgotischer Dreinagel-Kruzifixus ohne Titulus aus der Zeit um 1500. Fernab von jeglichem Naturalismus in der Darstellung, wird der domengekrönte Christus als Entschlafener dargestellt, das Haupt voll Würde zur Seite geneigt, der Körper, ermattet und vorn Tode gezeichnet, erhaben und ehrwürdig. Der Lendenschurz ist mit reichem Faltenschmuck ausgestattet. Was auffälIt, ist der unproportioniert lange linke Arm, der über den Querbalken des Kreuzes hinausragen will.

Beichtkapelle

In der Beichtkapelle unter dem Turm befindet sich ein barocker Beichtstuhl vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Auf einer Konsole steht die Figur einer Immaculata.

Am inneren Bogen der Beichtkapelle befindet sich ein 1978 gestiftetes, farblich nicht gefasstes Kreuz aus Eichenholz, das auch bei der Karfreitagsliturgie verwendet wird. Bei dieser Kreuzigungsdarstellung handelt es sich um ein Gabelkreuz, dessen Seitenarme astartig schräg nach oben führen. Das Kreuz ist nicht mehr das grausamste Marterwerkzeug seiner Zeit, sondern Baum des Lebens, von dem die Welt das Heil erwartet. Der Gekreuzigte zeigt nach Vollendung seines irdischen Lebens keine Spuren von Schmerz, die edlen Gesichtszüge und die aufrechte Körperhaltung, verstärkt durch die emporgereckten Arme, lassen schon eine Vorahnung der Osterbotschaft von der Auferstehung durchscheinen.






Pietà




Hl. Antonius




Hl. Aloysius













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