Die Gemeinde Heilig Kreuz zu Weingarten
im Spiegel der Kirchenbücher des 18. Jahrhunderts
Von Friederike Kuhl


Die Bevölkerungslisten von 1801
a) Ursprung und Wert der Listen
b) Einwohnerzahl und Haushaltsstärke
c) Bevölkerungsaufbau
d) Untersuchungen über auffallende Befunde in der Bevölkerungspyramiden
e) Die Altersangaben
f) Zugezogene
g) Die Vornamen
h) Heiratsalter und Altersunterschied bei Ehepaaren, in denen die Frau älter war als der Mann
i) Angaben über Beruf oder Stand
k) Schlußwort


i) Angaben über Beruf oder Stand


In den Listen ist eine Spalte für den Personenstand vorgesehen. In der französisch abgefaßten Liste von Weingarten - Rheder gibt es für die Männer, - bis auf "cure", Pfarrer, Nr. 21 und "maréchal", Hufschmied, Nr. 17 nur die Bezeichnungen "journalier", Tagelöhner und "cultivateur", was man entsprechend der in deutscher Sprache angefertigten Billiger Liste am besten mit "Ackersmann " wiedergibt, die französischen Wörterbücher des vorigen Jahrhunderts geben auch "Landwirt" an und "Ökonom".

1) "cultivateur" - Wie schon im Kap. IV i) dargestellt, ist es nicht möglich, die rechtliche und ökonomische Stellung von Bauern des 18. Jahrhunderts genau zu bestimmen. Gerard Zingsheim aus Billig wird bei seinem Tode 1809 im Kirchenbuch "vilicus" genannt, 1801 wird er in der Liste genauso als "Ackersmann" bezeichnet, wie außer den Tagelöhnern die anderen auch. D. h. doch, daß mit dem entsprechenden französischen Wort "cultivateur" für Ackersmann, in Weingarten und Rheder sowohl solche Männer gemeint sind, bei denen im Kirchenbuch "colonus" oder "vilicus " hinzugefügt würde, als auch andere, wieder von den Tagelöhnern abgesehen. Es handelt sich bei "cultivateur" also um die zusammenfassende Bezeichnung für Ackerbauern, die ihren Boden bebauen, wobei ungeklärt bleibt, in welcher Form der Abhängigkeit oder wieweit selbständig sie leben und wie groß das von ihnen bebaute Stück Land ist. Hinter der einheitlichen Bezeichnung verbergen sich mit Sicherheit die unterschiedlichsten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2) "journalier" - Ein Tagelöhner wurde vor allem in der Zeit, wenn viel Feldarbeit anfiel, zu bestimmten Arbeiten auf dem Bauernhof herangezogen. Er lebte, wie aus unseren Listen ersichtlich, mit seiner Familie in einem eigenen Hausstand, die Ehefrau wird als "sa femme", auf der Billiger Liste als "Hausfrau" bezeichnet. Die Entlohnung bestand vermutlich zum größten Teil aus Naturalien. Außer dem Haus hatte die Familie sicher einen mehr oder weniger großen Gemüsegarten. Möglich ist auch, daß diese "Tagelöhner" genannten Leute noch ein kleines Stück Pachtland bearbeiteten. In etwas späterer Zeit rekrutierte sich die Arbeiterschaft der auch in ländlichen Gegenden anwachsenden Industrie (hier in der Gegend Leder und Tuchindustrie und Bergwerke) aus Leuten dieser Schicht, die sich so ein Zubrot verdienten.


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Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993 - Mai 1993


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