Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Den Mund aufmachen











Haben wir eigentlich nicht genug Heilige in unserer Kirche stehen? Ist das nicht übertrieben mit den Heiligen in der Sakristei? Und überhaupt, warum denn in der Sakristei verstecken, wenn sie doch für alle da sein sollen?

Vielleicht sollten wir nach dem Kritisieren geduldig die Antwort abwarten. In der Sakristei hängen in Bronze gearbeitet die Darstellungen des hl. Thomas Morus, der hl. Katharina von Siena und die des sel. Josemaria Escrivá. Es sind einfache, aber gut gelungene Arbeiten von Egino Weinert aus Köln.

Sie sollen den Schülern und Jugendlichen im liturgischen Dienst eine kräftige Hilfe sein, ihr Christsein in der Welt von heute zu verwirklichen. Wir brauchen Heilige, die uns in vielfacher Weise nahestehen und die uns helfen, mit den Problemen unserer Zeit im Sinne der Nachfolge Christi klarzukommen. Dabei gibt es viele Hilfen. Ich habe an diese drei gedacht. Jeder mag sich an die Heiligen halten, die ihm als Vorbilder am besten helfen.

Der hl. Thomas Morus hat sein Leben hingegeben für die Freiheit der Kirche, für die Freiheit des Gewissens. Als Staatsmann und Jurist, als Familienvater und als gebildeter Humanist seiner Zeit besaß er das Rückgrat eines Johannes des Täufers, wobei besonders sein Humor auffällt. Wann werden die Engländer begreifen, daß sie diesem heiligen Kanzler hätten folgen sollen statt dem Blaubart König Heinrich VIII.? Die ganze anglikanische Kirche hat einen Gattinnenmörder als Begründer. Sympathisch und weltverbunden kann man Thomas als Vorbild besonders der Jugend von heute darstellen. So ist die ältere "Jungenriege" unserer Jugendlichen im liturgischen Dienst diesem Heiligen anvertraut. Die weibliche Jugend ist zwar mit angesprochen, sie hat aber eine eigene Patronin.

Umgekehrt gilt auch die Patronin unserer Mädchen im liturgischen Dienst den Jungen als Vorbild: Katharina von Siena. Ich habe beim Anbringen der Bronzeplatte in der Sakristei vor drei Jahren den Mädchen eine Meditation über diese Heilige gehalten. Wir saßen in der Beichtkapelle und betrachteten das Leben dieser Heiligen. Sie ist die "Heilige mit der scharfen Zunge", provozierte ich damals unsere Mädchengruppe. So erklärte ich denn auch gleich das Motto, das neben der Bronzeplatte angebracht wurde: "Viel wissen, heilig sein und den Mund auftun".

Beim zweiten Glied dieser Aufzählung habe ich Fettdruck benutzt. Das hat seinen Grund. Die Heiligengeschichte dieser Katharina setze ich einfach als bekannt voraus. Sie hat ja Kardinäle und Päpste das Fürchten gelehrt - und nicht nur diese. Dafür ist sie von der Kirche auch zur Kirchenlehrerin erklärt worden. Klein von Gestalt, das 22. Kind ihrer Mutter, wurde sie die Retterin der Kirche ihrer Zeit.

Als ich einmal einem Vater erklärte, daß ich in die Sakristei die Plakette der hl. Katharina von Siena anbringen wollte, sagte ich ihm auch, daß ich diese Heilige mit der "scharfen Zunge" besonders mag. Er meinte, das sei goldrichtig, denn heute fehlten Leute, die in der Kirche den Mund auftun. Ich widersprach, und ich tue es noch. Heute "motzen" viel zuviele. "Motzen" ist zum Volkssport geworden und ändert doch nichts, läßt sich aber bestens vermarkten. Nein, "motzen" tun sehr viele in der Kirche. Sie sind aber nicht heilig!

Das ist der feine Unterschied. Es fehlt an Heiligen. Wenn dann aber ein zierliches Persönchen heilig ist, viel weiß und den Mund auftut, dann habe ich meine helle Freude daran. Weil man heute keine Sympathie hat für das Heiligsein, habe ich es fett drucken lassen. Ohne Heiligkeit machen wir zwar viel Wind, werden wir sogar manches in der Kirche verändern - aber nur zum Schlechten. Der Geist Gottes muß die dauernden Reformen in der Kirche vollziehen, sonst feiert der Ungeist Triumphe. Deshalb habe ich auch das Bild eines Seligen anbringen lassen, der sicherlich eine gewisse Herausforderung unserer Zeit ist und bei vielen spießbürgerlichen "Motzern vom Dienst" Zahnschmerzen vom vielen Knirschen verursacht hat.

Der selige Josemaria wurde von der Kirche als großer Vorläufer des Konzils gewürdigt. Das von ihm gegründete Opus Dei ist ein Weg zur Vollkommenheit mitten in der Welt. Es ging ihm um die allgemeine Berufung aller Christen. Jeder Getaufte ist von Gott gerufen, dort wo das Leben ihn hinstellt, das Christsein zu verwirklichen. Josemaria lehrte vor allem, daß jeder an seinem Arbeitsplatz heilig werden kann und soll; ob zu Hause, in der Fabrik, im Büro, in der Schule oder wo immer. Überall gilt: "Die Arbeit heiligen, sich durch die Arbeit heiligen und andere durch die Arbeit heiligen".

Warum soll nur die Jugend etwas von diesen drei Heiligen haben? Es wäre schwierig, diese drei auch noch in der Kirche unterzubringen. Außerdem steht es ja in diesem Artikel beschrieben, worum es geht. Einen Besuch in der Sakristei kann jeder einmal wagen. Jedem, der in die Sakristei kommt, um sich diese drei Heiligen anzuschauen, dem sage ich gerne, daß er in die Welt gehen und auch entsprechend handeln soll. Die "Sakristei" ist nicht der Platz der Entfaltung für den Christen, sondern der Schauplatz unseres christlichen Lebens ist "nell' bell' mezzo della strada - mitten im Getümmel der Welt", wie der sel. Josemaria zu sagen pflegte.











... Wer trät das Kreuz?











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