Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Keuschheit vor und in der Ehe
Unsere sieben Fenster











Die spürbare Geborgenheit in unserer Kirche hat ihren Grund unter anderem auch in den schönen Fenstern. Nikola Reinartz hat sie 1930/31 besorgt, vermutlich auch vorgezeichnet. Mindestens aber war er bei der Anfertigung der Vorlage beteiligt. Es ist sein unverkennbarer Stil, der in vielen anderen Elementen der Kirche zu finden war. Leider kann man das nur noch auf Photos aus früherer Zeit nachweisen, denn außer dem Weihwasserbecken und der alten Laterne ist nichts aus seiner Zeit erhalten geblieben.

Die über sechzig Jahre alten Fenster sind nicht brillant, aber schön, nicht kostbar, aber gediegen und gefällig. Jedenfalls verweilt das Auge gerne bei der Betrachtung der Fenster. Sie regen zum Nachdenken an. Ludwig Prekel, Köln, hat die Fenster hergestellt. Die früheren Fenster sind noch erhalten und befinden sich auf dem Speicher im Pfarrhaus. Es sind sehr schöne Fenster, aber ohne bildliche Darstellungen; kostbar, aber in einem sehr schlechten Zustand.

Das erste Fenster gleich links am Eingang kennen alle, die einmal an einer Taufe teilgenommen haben und dort den Text des Taufliedes, wenn auch in einer alten Fassung, als Gedächtnisstütze fanden. Darüber steht das Symbol des dreifaltigen Gottes, in dessen Namen die Taufe gespendet wird. Das Auge im Dreieck bedeutet die Allwissenheit und Allgegenwart Gottes. Die drei Ringe unter dem Text sind ebenfalls ein Zeichen des dreifaltigen Gottes.

Dann folgt das Fenster, bei dem schon manch einer ein "dummes Grinsen" zeigte, wenn er den Text unter dem Bild betrachtete. Wir kommen darauf zurück. Das nächste Bild scheint den zynischen Gesichtsausdruck dessen, der eben noch "dumm grinste" wieder zu versöhnen. Dort bitten die Frauen um Mariens Gedenken. Auch das wollen wir später betrachten.

Das Fenster im Chorraum hat mir schon immer viel Freude gemacht. Das "conteret caput" wird in einer anderen Meditation erklärt. Ich wiederhole aber gerne dieses Stoßgebet: "Sie wird der Schlange den Kopf zertreten." Das geschah bereits vor zweitausend Jahren. Wird wieder geschehen... Die Darstellung der unbefleckten Gottesmutter ist der Lourdesmadonna nachempfunden. Sehr schön und stilvoll. Man muß es nur lange genug betrachten, dann sagt man gerne nochmals das Stoßgebet "conteret caput". Man sagt es, falls man sich Maria verbunden fühlt, dann vielleicht sogar mit einem siegesgewissen Ausdruck. Der Skeptiker wird sich nicht die Mühe machen, den schrägen Blickwinkel beim Betrachten lange auszuhalten. Nur wer ganz nahe vor dem Fenster steht, was wegen der Alarmanlage selten möglich ist, kann auch die rührende Inschrift lesen: "Dem Andenken unseres unvergeßlichen Pfarrers und Dechanten Adolf Böhmer P. Augustinus O.S.B. + 1930 in Maria Laach." Es wäre interessant, die Geschichte unserer Pastöre zu schreiben.

Das Fensterbild neben der Kanzel zeigt den jugendlichen Christus mit dem Kreuz in der Hand, aus der Szene des Dorfes herausragend. Christus erhebt das Kreuz über dem verfallenen heidnischen Keltenwall. Das Dorf ist sehr getreu dargestellt. Die Leute im Dorf sind gemeint. Dazu steht der schöne Vers 4 aus dem 43. Psalm in der alten und gekürzten Übersetzung: "Hin zu Gott, der meine Jugend erfreut." Die Meßdiener früherer Generationen oder sonst gut geschulte Liturgen aus alter Zeit (die es hier im Dorf unter Nikola Reinartz und Kaplan Weyer zweifellos gab!) kennen noch das Staffelgebet in deutscher und lateinischer Fassung: "Introibo ad altare Dei, ad Deum qui laetificat iuventutem meam. Zum Altare Gottes will ich treten, zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf."

Das Mittlere Fenster an der rechten Seitenwand zeigt wiederum Christus, jetzt aber als erwachsenen Mann, Christus in seinem öffentlichen Wirken. Er steht mitten in einem großen Weinberg und bindet die Rebzweige an das Kreuz. Man erkennt unschwer die Anspielung auf Kreuzweingarten. Darunter sehen wir einen Engel, der ein Feuer entfacht mit den vom Rebstock abgeschnittenen Rebzweigen; eine eindeutige und für heutige Verhältnisse tapfere und mehr denn je notwendige Anspielung auf jene faulen Christen, die beim Endgericht für immer verworfen werden. Am Bildrand links die Jahreszahl: MCMXXXI = 1931. Auf der rechten Seite neben dem Text ein von mir nicht entziffertes Wappen. Der Text ist rührend. Ich bete ihn gerne. Tu es auch, lieber Betrachter: "Göttlicher Gärtner, segne den Weingarten, den du gepflanzt hast und behüte den, welchem du ihn anvertrautest."

Das Fenster in der Ecke der Orgelempore kann man leider nur erfassen, wenn man es einmal von unten, dann von der Orgelempore aus betrachtet. König David spielt vor der Vision des gekreuzigten Heilandes auf der Harfe. Ein Engel trägt auf einem Spruchband das dem König und Propheten David in den Mund gelegte Psalmenwort (22,17): "Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt." Es ist ein prophetischer Text, der dann in der Passionsgeschichte nach Johannes wieder aufgegriffen wird. Auch hier wieder ein rührender Text, diesmal seitens des Kirchenchores von 1931: "Als der Kirchenchor sein goldenes Jubiläum feierte, schenkten Chorleiter und Sänger dieses Fenster zur Zierde des hl. Kirche." Der Schreibfehler kam sicher nicht von Nikola Reinartz, sondern wohl vom Bleiglaser. Trotzdem rührend. Außerdem, wer macht keine Fehler?

Wenn man die Runde in der Kirche gedreht hat, fängt man irgendwann wieder von vorne an. Das Bild des ersten Fensters zeigt uns Maria, überrascht bei der Lektüre eines Buches, in tiefer Gebetshaltung. Der Erzengel Gabriel bringt ihr die Botschaft, daß sie Mutter Gottes werden soll. Maria zeigt sich sehr demütig und bejahend. Eine der üblichen Darstellungen der Verkündigung des Herrn. Ein aufgeklärter Mensch unserer Zeit kommt wohl ins Stocken, denn dieser Text mit der Jungfrauenweihe scheint doch wirklich ein Relikt aus stockpuritanischer Zeit. Der Text hat ja wohl höchstens noch historischen Wert. Immerhin kommt Kalkar zu Wort. Somit dient es wenigstens als historisches Dokument. Vielleicht ist der Spötter jetzt versöhnt und kann das Bild samt Text stehenlasscn. Ich aber nicht!











Der Text ist nun einmal eine Herausforderung: "Der allerseligsten Jungfrau weihen sich die Jungfrauen von Weingarten, Rheder und Kalkar." Vielleicht sind diese drei Fenster im Dechantsgang doch etwas älter als die der Gegenseite. Denn schon 1926 kam ja die Umbenennung von Weingarten zu Kreuzweingarten. Ferner hat Nikola Reinartz den Dechantsgang vor der Inflation neu machen lassen, die Eingangstür kam an die jetzige Stelle. Dort wo jetzt das Fenster der Taufnische ist, befand sich früher die Eingangstür.

Also die Jungfrauen. Kann man sich dieser Herausforderung stellen oder geht man feige zum nächsten Bild? Wenigstens sollte man die zwei Symbole noch erwähnen und bedenken: Lilien und kristallklares Apothekerglas. Beides sind Symbole der Reinheit Mariens. Die Lilien deuten die Reinheit, also Keuschheit, geschlechtliche Unversehrtheit an. Dies wird noch deutlicher beim Glasgefäß. Maria ist das ungetrübte kristallklare Gefäß der Gnade Gottes. Es ist und bleibt rein. Maria ist Jungfrau vor, während und nach der Geburt ihres Gottessohnes.











Wie sieht es heute aus, wenn die jungen Leute zum Traualtar kommen? Beide noch jungfräulich? Wie im Märchen? Und doch. Es gibt sie, die jungfräulich zum Altare gehen und sich das Ja-Wort fürs Leben geben. Selten, aber es gibt sie. Es sind die Besten. Die christliche Botschaft mag durchaus zum Widerspruch reizen. Das Evangelium des Herrn sagt eindeutig, daß Unkeuschheit ein schlimmes Laster ist und den Weg zur Hölle freimacht. Jesus sagt eindeutig: "Wer so etwas tut, kann nicht in das Himmelreich kommen!" Er schleudert es den Pharisäern entgegen, auch wenn er hier zu seinen Jüngern spricht (MK 7.1-23). Wer vor diesem Fensterbild steht, muß sich gefallenlassen, als Pharisäer entlarvt zu werden... Hält man das aus? Wenn nicht, sollte man hier aufhören weiterzulesen.

Ja, es gibt eine Keuschheit vor der Ehe und in der Ehe! Sie besagt nicht, daß man absolut fehlerlos ist. Wer könnte das von sich behaupten! Wir sind weder prüde noch heilig. Wir haben in allen zehn Geboten gesündigt, also auch in diesem, wenigstens im Herzen. Wir können aber unser Herz läutern und unsere Seele reinigen durch eine gute, weil ehrliche und wirksame Beichte. Die Keuschheit besagt, daß wir uns bezüglich unserer Geschlechtlichkeit so verhalten, wie es ganzheitlich der Schöpfungsordnung gemäß und unserer persönlichen Situation entspricht. Wenn wir uns nicht durch ein unabänderliches Ja-Wort dem Partner gegenüber gebunden haben, dann ist eine geschlechtliche Begegnung nicht situationsgemäß, also nicht der Schöpfungsordnung Gottes entsprechend, also eine Sünde. Ein Zusammenleben vor der Heirat, wie sie nunmehr durch die Gesellschaft den jungen Leuten schier aufgezwungen wird, ist eine schwere Sünde und ein Betrug an sich selbst und am Partner.

Mir tun die jungen Leute oft leid. Sie werden hineingezerrt in rein sinnliches Denken und Handeln, so daß der Aufbau ihrer Persönlichkeit in ihrer Jugend sehr erschwert wird. Ich habe erlebt, wie junge Persönlichkeiten noch als Zwölfjährige sich hervorragend entwickelten, später aber abglitten und gehorsame "Bravo-Leser" wurden bis hin zur Zerstörung ihrer guten Anlagen. Ich sehe dann den Scherbenhaufen in ihrem trüben Blick, der früher so klar war wie das Kristallglas im Marienfenster. Maria, Mutter der schönen Liebe, beschütze meine Jungen und Mädchen! Hl. Aloisius (deine Statue steht ja neben dem Fenster), Patron für die heranwachsende Jugend: bitte für sie!

Übrigens kennen wir alle die Statistiken. Wir wollen sie nur nicht wahrhaben. Diejenigen Paare, die vor der Ehe zusammenleben, werden doppelt so oft geschieden wie die, die vorher nicht zusammenlebten. Ja, die Zeit bis zur Scheidung ist umgekehrt proportional zur Zeit, die sie vorher zusammenlebten. Je länger das voreheliche Zusammenleben, desto kürzer die Zeit bis zur Scheidung. Ich habe die großen Augen der jungen Paare deutlich vor mir, wenn ich ihnen hierüber etwas sage. Sie sind mir nach einer fast zweistündigen "Aufklärung" nicht böse, sondern sie sind überrascht, wie wenig sie von echter Liebe bisher verstanden hatten und wie wenig sie von der Kirche wußten, die ein großartiges Modell eines gelungenen Ehelebens zu bieten hat. Der Glaube der Kirche besteht weniger in Verboten, sondern vielmehr im Annehmen einer weisen Ordnung.

Wenn Zeit bleibt, dann führe ich das junge Brautpaar an einem der letzten Abende unserer Brautgespräche gerne zum nächsten Fenster. Es ist das Fenster am Marienaltar. Eine schöne Darstellung. Eine junge Mutter kniet vor der Himmelskönigin mit Krone und Zepter. Maria trägt das Jesuskind im Arm. Vor der Mutter steht ein kleines Mädchen, das noch inbrünstiger zu beten scheint. Auch hier spielt sich alles wieder vor dem Hintergrund von Kreuzweingarten ab. Wir könnten statt dessen auch jedes andere Dorf, jede andere Stadt dorthin hingestellt wissen. Nun sind aber wir Kreuzweingartner gemeint. Der Text am Fuß des Bildes heißt wörtlich: "Gekrönte Magd und Mutter des Herrn Gedenke der Frauen und Mütter deines Volkes."

Dem jungen Bräutigam sage ich dann, er soll sich die Szene gut merken und sie in seinem Gedächtnis bewahren. Er soll sich dann aber auch erinnern an die Brautgespräche, die wir geführt haben, besonders an die Gedanken, die wir bezüglich der Sexualmoral unseres Glaubens gehegt haben. "Wenn ihr glücklich sein wollt", so wiederhole ich hier, "dann verhaltet euch in der Ehe wie Christus es gesagt hat. Es gibt eine Keuschheit in der Ehe, die eure Liebe sichert und euch glücklich werden läßt bis ins hohe Alter."

Was das mit dem Bild zu tun hat? Unsere dekadente Gesellschaft bringt unsere Mädchen, Frauen und Mütter in arge Bedrängnis. Sie wurden als erste von skrupellosen Medien und vor allem von der verdorbenen Männerwelt verdorben. Nun geht der faule Apfel durch die Reihen. Wer muß es ausbaden? Die Frauen. Wie gut, daß wenigstens hier noch das Wort Mutter mit großem Buchstaben geschrieben wird. Ein "kirchliches" Blatt für Frauen meint immer noch, "mutter" mit kleinem M schreiben zu müssen. "Memento - Gedenke o gütigste Jungfrau"... Gedenke der Frauen und Mütter deines Volkes, sonst geht unsere ganze abendländische Gesellschaft "baden". Die Unmoral hat den Niedergang Roms bedeutet. Heute fahren wir gerne hin, die Ruinen anzusehen. Werden so in ein paar Jahrzehnten die Völker Afrikas, Südamerikas und Asiens nach Europa kommen, um die verbliebenen Zeugnisse unserer einstmals großartigen Kultur zu bestaunen?

Wen wundert es, daß ich an dieser Stelle mit den Kindern gerne das schöne Gebet aus dem Gotteslob Nr. 983, 2 bete, bis sie es auswendig können:

O meine Gebieterin, o meine Mutter,
dir bringe ich mich ganz dar.
Und um dir meine Hingabe zu bezeigen,
weihe ich dir heute
meine Augen, meine Ohren,
meinen Mund, mein Herz,
mich selber ganz und gar.
Weil ich also dir gehöre, o gute Mutter,
bewahre mich, beschütze mich
als dein Gut und Eigentum. Amen.

Maria, Mutter der schönen Liebe, steh deinen kleinen und großen Kindern bei! Also auch Dir, lieber Leser, und mir...











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