Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Der unscheinbare Schatz der liturgischen Gewänder





















Gerne öffne ich Besuchern unserer Kirche immer wieder die weit ausladenden Schubläden der großen Kommode. Sie sind überdimensional angefertigt worden, weil ich die historisch wertvollen Meßgewänder ohne Falten flach liegend lagern möchte. Für die entsprechenden Chormäntel freilich ließen wir hinter den Sakristeischrank einen schmalen, langen Schrank- anfertigen, damit diese wertvollen Gewänder, die zur Liegendaufbewahrung zu groß sind, so trotzdem problem- und faltenlos hängen können. Neben dem roten, weißen und violetten Chormantel ist jüngst noch ein schwarzer Chormantel dazugekommen. Keiner unter einhundert Jahre alt. Die Restaurierungen der vergangenen Jahre haben sie in den besten Zustand versetzt.

Trotzdem gilt hier dasselbe wie auch für die heiligen Geräte. Alles ist in gutem Zustand, alles ist sehr alt, sehr gediegen, aber schlicht. Kaum ein Stück würde man in ein Museum abgeben können. So unschätzbar wertvoll sind sie denn doch nicht. Besser so, dann haben wir weniger Sorgen wegen gezielter Einbrüche. Aber schön sind sie doch, die alten Gewänder. Vor allem, das ist für mich sehr wichtig, keines der liturgischen Gewänder liegt einfach nur so herum. Sie werden gebraucht. Unsere Kirche ist kein Museum. Es ist ein Gotteshaus, und alle Dinge darin dienen zum Lobpreis Gottes und zur Erbauung der Gläubigen.

In den Schubläden finden sich aber nicht nur die alten Meßgewänder, sondern auch ein ganz wunderbares Segensvelum aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Der Grundstoff ist erneuert und stammt vom Ende des vorigen Jahrhunderts. Überreich die Goldstickerei, die Blumenmotive und die Ornamentik. Alle Aufmerksamkeit erregt vor allem der in der Mitte des Segensvelums aus schweren Goldfäden gewirkte Kelch. Darunter steht mit einfachen Goldfäden und Farbbändern: "O salutaris hostia", aus der vorletzten Strophe des Hymnus zur Matutin von Fronleichnam (die deutsche Fassung ist dem deutschen Brevier entnommen). Sie ist so schön, daß sie hier zum Gebet wiedergegeben werden soll:



o salutaris hostia
quae caeli pandis ostium
bella premunt hostilia;
da robur, fer auxilium.

Lamm Gottes, das der ganzen Welt
das Tor zum Leben aufgetan:
da uns des Bösen Macht bedrängt,
gib Mut zum Leiden, Kraft zum Sieg.












Zuletzt haben wir am Segensvelum nur die Borden erneuern und die Schnalle neu vergolden lassen. Das ist gut so. Nun gehen die Meßdiener ehrfürchtiger damit um, wenn sie mir das Segensvelum an hohen Festtagen bringen. Vorsichtig umhülle ich dann mit diesem Velum den Fuß der noch kostbareren Monstranz, die den größten Schatz der Erde birgt, unseren eucharistischen Heiland, verborgen unter der Gestalt des Brotes, bereit, die Gläubigen in der Kirche zu segnen. Weil das Segensvelum so großartig ist, benutzen wir üblicherweise ein anderes für die Andachten an normalen Tagen.

Die dreizehn historischen Meßgewänder sind nicht ganz so kostbar wie das selten gebrauchte alte Segensvelum. Dennoch sind sie in der Menge ein echter Schatz. Ein violettes und ein rosa Meßgewand, drei weiße, drei grüne, drei rote und zwei schwarze Meßgewänder bilden das Repertoire an historischen Gewändern, von denen keines weniger als hundert Jahren alt ist. Zum Teil sind sie nicht vollständig erhalten, sondern nur der Stab. Dann ist der Stoff aus jüngerer Zeit. Es ist ein Glücksfall, daß diese Gewänder nicht dem "Bildersturm der sechziger Jahre" zum Opfer gefallen sind. Noch einen weiteren Umstand möchte ich für die Meßgewänder als glücklich erachten. Aus verschiedenen, aber nicht ideologischen Gründen steht bei uns kein Volksaltar, zelebriert der Priester also noch mit dem Blick zum Hochaltar, also vom Volk abgewandt. Dadurch sehen die Gläubigen die rückwärtige Seite der alten Meßgewänder während der Messe und können sie dadurch besser betrachten. Nach der alten Vorschrift zelebrierte man ja Richtung Osten, was bei uns also noch heute der Fall ist.

Die Meßgewänder haben alle bestimmte Tage im Jahr, an denen sie getragen werden. Jede der Kaseln wird bei etwa acht heiligen Messen im Jahr in Dienst genommen. Eine der schönsten, wenn auch nicht ältesten oder wertvollsten ist die Marienkasel. Dieses Meßgewand müßte man eigentlich eingehender beschreiben. Wenigstens einige Zeichnungen sollen zur Meditation anregen.

Natürlich gibt es eine Reihe moderner Kaseln. Sie sind auch recht gut und alle sehr gepflegt. Sie werden jeden Tag benutzt und helfen, die Liturgie würdig zu feiern. Dadurch unterstreichen sie eigentlich noch mehr den Wert der alten Kaseln. Wir haben in den vergangenen Jahren alles getan, damit die Restaurierung aller liturgischen Gewänder zügig voranging. Ohne die finanzielle Hilfe vieler Gönner und Freunde wäre das nicht möglich gewesen. Wenn ich die Messe in diesen Gewändern feiere, empfehle ich die großzügigen Spender natürlich dem Herrn an, so wie ich alle Wohltäter gerne in die Anliegen der hl. Messe einbeziehe. Die besten Wohltäter sind unsere stillen Beter. Vielleicht sind sie nicht so wohlhabend. Mit ihren Gebeten haben sie sehr viel für die Kirche getan. Diese sind es auch, die sich am meisten über die schönen Dinge in der Kirche freuen.





















... Ein Kreuzbild, das ich nicht mag, und ein besonderes Kreuz











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