110 Jahre Kirchenchor
Pfarrei Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten/Rheder












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Grußworte
Vorwort Präses Dr. Irrgang
110 Jahre Kirchenchor - Leni Gebertz / W. Büth
Jubel-Konzert zur Feier d. Goldenen Jubiläums
Das Kirchenchor-Fenster in der Pfarrkirche
Das Bauernjahr in Lied und Dichtung
Der Vorläufer unseres heutigen Chores
- Hans Regh - Pfarrer Irrgang
Das Cäcilienfest in Weingarten
Urkunden, Programme, Lieder
















V. Das Cäcilienfest in Weingarten - (Euskirchener Volkszeitung vom 22. Mai 1946)


Euskirchen, 21. Mai 1906

Hoch ragt von der Kuppe des Burgberges, der, weit ins Flußgebiet der Erft vorspringend, das Tal fast bis zur Engpasse zusammengedrängt, das neue Kreuz als Wahrzeichen treu katholischen Glaubens hinaus in die Lande. Hier, am schönsten Punkte unserer Heimat, sollte am gestrigen Sonntag in Verbindung mit der Bezirks-Versammlung der Cäcilienvereine im Dekanate Euskirchen und der 25-jährigen Jubelfeier des Kirchenchores von Weingarten die feierliche Einweihung des neuen Kreuzes stattfinden, und zu dieser seltenen Feier wollten fast alle Kirchenchöre des Bezirksvereins im gastlichen Dörfchen erscheinen. Kreuzweingarten übt durch seine verschiedenen Vorzüge eine eigenartige, vielseitige Anziehungskraft aus. Den Naturfreund entzückt seine romantische Lage, den Volkswirtschaftler erfreut die Zufriedenheit und ruhige Deftigkeit seiner Bewohner, und - was wohl am unbestrittensten ist - der gläubige Christ erbaut sich am frommen Sinn der Gemeinde, die durch das Beispiel und den Einfluß eines gottbegeisterten und seeleneifrigen Priesters ein Muster für unsere ganze Gemeinde geworden ist.

E war bestimmt zu erwarten, daß bei schönem Wetter diese festliche Veranlassung tausende von Besuchern nach dem idyllischen Fleckchen Erde führen werde, - aber der Himmel hatte es anders beschlossen. „Er sah all die fleißigen Vorbereitungen im Orte selbst und all die eifrigen Veranstaltungen im ganzen Dekanate, und da wurde er so tief gerührt, daß er über dem Dörfchen Weingarten Tränen der Rührung an zu weinen fing, so intensiv, daß er gar kein Ende zu finden weiß,“ so erklärte Herr Bezirkspräses Heinrichs humorvoll die traurige Situation. Wenn auch der Verlauf der Feier trotzdem allgemein sehr befriedigt hat, so war doch das Bedauern darüber, daß die Prozession nach dem Burgberg und die Einweihung des neuen Kreuzes infolge des Regens nicht stattfinden konnte, überall groß und herzlich, umsomehr als die Gemeinde Weingarten in der Ausschmückung ihres Ortes großartiges geleistet hatte.

Die Pflichttreue der Cäcilianer in unserem Dekanate ist über alles Lob erhaben, denn trotz des schlechten Wetters trafen sämtliche Chöre des Bezirksvereins mit Ausnahme von zwei zur rechten Zeit in Weingarten ein. Dort hatte um halb drei Uhr in der Pfarrkirche die Andacht begonnen, welche der heimische Jubiläums-Kirchenchor durch treffliche Gesänge verschönte. Um halb 5 Uhr, eine halbe Stunde vor der im Programm festgesetzten Zeit, hatte sich das geräumige Kaiserzelt, welches neben dem Gasthause Spilles aufgebaut war, mit Kirchenchor-Mitgliedern und Freunden des Kirchengesanges so dicht gefüllt, daß kaum ein Plätzchen frei blieb. Der Bezirkspräses, Herr Religions- und Oberlehrer Heinrichs, begrüßte nach einem einleitenden Musikstücke die Erschienenen, zunächst die jugendlichen Kirchensänger aus Commern, die so weit hergekommen, ferner die älteren Mitglieder der Kirchenchöre und dann die zahlreich erschienene Geistlichkeit, insbesondere die Herren Präsides der Cäcilien-Vereine der Nachbardekanate Münstereifel und Gemünd, die hochw. Herren Pfarrer Plenkers - Iversheim und Hellings - Holzheim. Der hochw. Redner sprach seine wärmste Anerkennung für die überaus große Teilnahme an der Versammlung aus; von sämtlichen zwölf Kirchenchören der Demmnition A unseres Dekanates hatten elf zugesagt, nur Obergartzem fehlte, war aber durch eine dort stattfindende Mission hinlänglich entschuldigt.

Nun begannen die Vorträge der einzelnen Chöre. Eingeleitet wurden dieselben durch den Kirchenchor von Euskirchen, bezw. den Euskirchener Männer-Gesang-Verein, der bekanntlich seit seiner Gründung den Gesang bei unseren kirchlichen Feiern ausgeführt hat und demnach in zwei Jahren sein goldenes Jubiläum als Kirchenchor feiern kann. Eigentlich sollte der an Zahl stärkste Euskirchener Chor die Gesänge bei der Prozession und der Feier auf dem Berge ausführen; da er aber infolge des Regens gar nicht zu Worte gekommen war, erfuhr nun die Bezirksversammlung durch die Aufführung des Psalmes „Herr, unser Gott“ von Schnabel, bei welchem der Harmonie-Verein von Euskirchen die Posaunenbegleitung übernahm, eine würdige Einleitung.

Den Reigen der kleinen Kirchenchöre eröffnete der Chor von Antweiler; es folgten die Chöre von Billig, Commern, Wißkirchen, Eschweiler, Euenheim, Lessenich und Satzvey. Jeder Chor trug einen Choralsatz und eine mehrstimmige Komposition vor, durchweg mit bestem Gelingen. Bei den Chören von Eschweiler und Commern wirkten auch Knabenstimmen mit; sie brachten dadurch eine angenehme Abwechslung in das Programm. Wir gestehen es gerne, daß wir durch die Leistungen der kleinen Landchöre wirklich freudig überrascht worden sind. Alle hatten sich mit großem Eifer an ihre Aufgabe herangewagt und ihr ehrliches Streben, Gott zu Ehren und zur Erbauung der Gläubigen die schönste aller Künste zu pflegen, war von vielem Erfolg begleitet gewesen.

Der Herr Bezirkspräses nahm nach jedem einzelnen Vortrage Veranlassung, auf den betr. Chor, seine Schicksale im Laufe des letzten Jahres und die Wahl der Gesänge näher einzugehen. Mit Befriedigung konstatierte der hochw. Herr, daß der Bezirksverein gewachsen sei an Zahl der Vereine, am eifrigem Streben innerhalb derselben und in den Leistungen der einzelnen Chöre. Es war geradezu vorbildlich, wie der Herr Bezirkspräses über die Verhältnisse eines jeden Chores Bescheid wußte, wie er für einen jeden das passende Wort fand, Dank, Anerkennung und Aufmunterung zugleich aussprechend, ein Zeichen, wie gründlich er seine Aufgabe, Leiter der Bestrebungen zur Förderung des Kirchengesanges im Dekanat zu sein, erfaßt hat. Zum Schlusse der Vorträge hielt der hochw. Herr eine kurze Rückschau. Er drückte vor allem seine Freude darüber aus, daß sämtliche Vereine im Vortrage des chorals so große Fortschritte gemacht haben, und erwähnte dann in schonendster Form einige Fehler in der Behandlung des Chorgesanges, die er mit großer Sachkunde korrigierte, das instruktive Wort durch gesungene Beispiele erläuternd. Auch bezüglich der Auswahl der mehrstimmigen Gesänge gab der Herr Bezirkspräses manch wertvollen Fingerzeig.

In den Pausen zwischen den Vorträgen hatten auch die Herren Pfarrer Hellings - Holzheim und Definitor Böhmer - Kreuzweingarten das Wort ergriffen. Ersterer, der bereits in der Nachmittagsandacht die zur Einweihung des neuen Kreuzes vorgesehene Festpredigt gehalten hatte, sprach über die notwendigen Eigenschaften des Kirchensängers. Der volkstümliche Redner, der bekanntlich als Vorstandsmitglied des Rheinischen Bauernvereins weit über die Grenzen seines engeren Wirkungskreises hinaus hochgeschätzt wird, wollte für den Kirchengesang dieselben Regeln befolgt wissen, die der Kathechismus für das Gebet vorschreibt: es muß mit Andacht, Demut, Vertrauen, Ergebung und Beharrlichkeit gesungen werden. Er führte diese ernsten Wahrheiten in so packenden, manchmal mit köstlichem Humor gewürzten Worten aus, daß die Zuhörer in steter Spannung blieben. Aus eigener Erfahrung führte der hochw. Redner noch als sechste Notwendigkeit die Pünktlichkeit hinzu; bei der kräftigen Verurteilung des unpünktlichen Probebesuchs mag wohl hier und da einem Sänger schuldbewußt das Herz etwas stärker gepocht haben. - Herr Definitor Böhmer, dessen Reden bekanntlich stets einen vollwertigen Genuß für seine Zuhörerschaft bilden, ehrte in seinen Worten den überaus rührigen und sachverständigen Bezirkspräses, dessen unermütlichem Bestreben in erster Linie das Aufblühen des Cäcilien-Vereins im Dekanate zu verdanken sei. Das Hoch auf den Gefeierten fand in der Versammlung jubelnden Widerhall.

Nachdem die Bezirks-Versammlung mit der Schlußrede des Herrn Bezirkspräses ihr Ende erreicht hatte, leitete ein Musikstück zum folgenden Teile des programmes: Feier des 25-jährigen Jubiläums des Kirchenchores Kreuz-Weingarten über. Die Glückwünsche des Bezirksvorstandes sprach Herr Oberlehrer Heinrichs als Präses aus. Er sagte u.a., daß er auch von Sr. Eminenz unserem hochw. Herrn Kardinal-Erzbischof bei dessen jüngster Anwesenheit in Euskirchen beauftragt worden sei, dem Jubelverein den herzlichen Dank und die Anerkennung des Diözesan-Oberhauptes auszusprechen. Insbesondere galten die Glückwünsche dem greisen Küster von Weingarten, Herrn Klein, der trotz seiner 78 Jahre in dem Chore, dem er von Anfang an als Mitglied angehört, noch immer mitwirkt. Der Jubelverein bewies nunmehr, von der sicheren Hand des Herrn Lehrers Gebertz geleitet, daß er auch auf dem Gebiete weltlichen Gesanges recht Achtenswertes leistet. Die ehrwürdige Gestalt des alten Küsters Klein, der im Schmucke seines vollen Silberhaares den Rücken gebeugt von der Last der Jahre, sich trotzdem noch immer als Stimmführer im 1. Tenor bewies, erregte allgemeine Aufmerksamkeit und weckte bei manchem jungen Sänger tiefe Rührung. Hoch stieg der Jubel der Versammlung, als nach beendetem Liede der Bezirkspräses dem Veteranen den Silberstauß an die Brust heftete. Der Euskirchener Männer-Gesang-Verein trat dann auf den Plan und sang mit Schwung und Macht „Sturmerwachen“ von Neumann, einen der für den Gesangwettstreit in Bonn bestimmten Chöre. Als sich der Beifallssturm, der diesem Vortrage folgte, gelegt hatte, motivierte der Bezirkspräses des Dekanates Münstereifel, Herr Definitor Plenkers, ein Hoch auf den hochverehrten Pfarrer aus Kreuzweingarten, Herrn Definitor Böhmer. Die warmherzige, schlichte Art, in welcher der greise Pfarrer von Iversheim seinen Konfrater würdigte, machte allseitig einen großen Eindruck; alle Zuhörer hatten das Gefühl, daß diese Ehrung von Herzen kam und einem wahrhaft verdienten Manne zuteil wurde. Den Dirigenten des Jubel-Vereins, Herrn Lehrer Gebertz, pries Herr Bezirkspräses Oberlehrer Heinrichs mit schwungvollen Worten, worauf der Vizepräses Herr Musikdirektor Joseph Schäben, Euskirchen, dem also Gefeierten ein Bild der hl. Cäcilia, der hohen Patronin der kirchlichen Sangeskunst, als Angebinde überreichte. Den Schluß der offiziellen Feier bildete eine tiefempfundene Dankrede des Herrn Definitors Böhmer, der sich eine erfreuliche Nachricht bis zum Ende aufgespart hatte. Er teilte mit, daß der Diözesanpräses Herr Domkapellmeister Msgr. Cohen in Cöln auch des Jubiläums gedacht und dem Verein ein herzliches Glückwunschschreiben übersandt habe, das von einem Bildnisse des Herrn Diözesanpräses mit besonderer Dedikation begleitet war. Herr Definitor Böhmer ließ als würdigen Schluß seine liebgewonnene Pfarrei Weingarten hochleben, die ihm so ans Herz gewachsen sei, daß es schon sehr starke Pferde sein müßten, die ihn von dort fortziehen wollten.

Für den jetzt beginnenden gemütlichen Teil legte der Herr Bezirkspräses Heinrichs das Präsidium der Versammlung in die Hände des Herrn Steuerinspektors Kreis, der sich der ihm unerwartet zugefallenen Aufgabe mit bekanntem Geschick entledigte. Der Chor von Euenheim trug noch ein Volkslied zur allgemeinen Unterhaltung vor, sich damit viel Beifall erwerbend, und der Männer-Gesang-Verein Euskirchen erfreute die Zuhörer noch mit dem bravourös gesungenen Chore „Rheinwein“ von Kempter.

Inzwischen hatte der Himmel seine Schleusen geschlossen. In das frisch duftende Tal, durch das gespenstige Nebel dahinzogen, senkten sich die Schatten der Nacht herab. Jetzt verkündeten weithin schallende Kanonenschläge den Beginn des auf dem Burgberge abzubrennenden Feuerwerkes. Es war nun Zeit, die Versammlung zu schließen, da sich ein jeder das bevorstehende grandiose Schauspiel nicht entgehen lassen wollte. Gegen 9 Uhr begann Herr Kunstfeuerwerker Lion aus Euskirchen seine Arbeit, indem er das neue, hochragende Kreuz und dessen nächste Umgebung in feurigem Rot erstrahlen ließ - ein herrlicher Anblick! Nun schossen Raketen in weitem Bogen zu Tal, manchmal die Feuergarben und Leuchtkugeln bis tief hinunter in den schweigenden Wiesengrund tragend. Es blitzte und sprühte da oben fast ohne Unterlaß, und als schließlich die ganze Bergkuppe in einen Feuerbrand gehüllt erschien, aus dem die Strahlenbündel hoch emporschossen, herrschte bei der unten schauenden Menge eine einzige Stimme der Bewunderung. Schon führte der letzte Zug nach Euskirchen die Mehrzahl der Gäste nach Hause zurück, als noch immer die Glut auf dem Berge nicht erloschen war.

Alle Teilnehmer zogen mit dem Gefühl heimwärts, daß es trotz Regen und Ungemach ein herrlicher Tag gewesen. Diese einträchtige Kunstbegeisterung, dieses gemeinsame Streben, diese hohe, ideale Begeisterung sind wahrlich selten bei einem Feste zu finden! Und wenn es einem noch nicht klar sein wollte, welcher zauber dieses Fest verschönt, aus welcher Wurzel all' diese reine Freude entsprossen, der brauchte nur hinaufzuschauen zu dem Gipfel des Burgberges, auf dem in feuriger Glut das weltbezwingende, glückverheißende Zeichen stand:

Das Kreuz.


Reinartz, Nikola

Zur Namens- und Weihefeier der Pfarre Kreuz-Weingarten 29. Mai 1927 in „Unsere Heimat“ Nr. 8/1927

„... Nicht als sei Andacht und Verehrung des Hl. Kreuzes in Weingarten je geschwunden, aber es war doch wie eine Auferstehungsfeier alter glorreicher, segensvoller Tage, als am Christi-Himmelfahrtstage 1906 unter Pfarrer Dechant Böhmer Kreuz-Weingarten in feierlicher Prozession zum Burgberg hinaufzog, um das von wackeren Sängern des Kirchenchores unter Dirigent Gebertz (Heinrich) errichtete hochragende Kreuz als Wahrzeichen der Pfarre einzuweihen.“

Anmerkung:
Die Angaben von Nikola Reinartz sind nicht gesichert. Vielleicht könnte sich der Widerspruch in der Zeitangabe dadurch erklären, daß die Zeitung über das eigentliche Fest berichtete, während die von Pfarrer Reinartz angesprochene Weihe am Christi-Himmelfahrtstag eine nachgeholte Weihefeier sein könnte.

Als Ergänzung zu diesem wahrscheinlich historischen Artikel sei noch eine Federzeichnung vom Graphiker Josef Neuburg von 1985 hinzugefügt nach einem Photo aus dem Jahre 1936 oder 37. Dieses Eisenkreuz wurde 1939 mit einem Betonguß ummantelt. Auf dem kleine Schild steht geschrieben:
„Ersungen 1906 vom Kirchenchor „Cäcilia“ an der Pfarrkirche Kreuzweingarten.“


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