Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Wort des lebendigen Gottes











Unser Evangeliar und die Liturgie der Verkündigung des Evangeliums

In den Anweisungen für das Meßlektionar heißt es unter anderem, daß bei stärkerem Gottesdienstbesuch (also an Sonn- und Feiertagen) ein eigenes, kostbar ausgestattetes Evangeliar (Evangelienbuch) vorhanden sein soll, das sich von den übrigen Lektionaren unterscheidet und das so den Höhepunkt der Gegenwart Christi bewußt machen soll, der zu seinem Volke spricht.

Durch das großzügige Geschenk eines regelmäßigen Meßbesuchers in unserer Gemeinde besitzen wir seit 1986 ein solches Evangeliar für die Sonn- und Feiertage.

Ein paar Gedanken sollen helfen, die Liturgie der Evangeliumsverkündigung besser zu verstehen und sich an dem Evangeliar zu erfreuen.

Das II. Vatikanische Konzil und die jeweils abschließenden Generalkongregationen begannen mit einer Inthronisation des Evangeliums. Denn aus dem Evangelium spricht Christus zu uns. Deshalb heißt es auch in den Einleitungsbestimmungen zum Meßlektionar:

"Da die Verkündigung des Evangeliums immer der Höhepunkt des Wortgottesdienstes gewesen ist, haben die Liturgien des Ostens und des Westens übereinstimmend zwischen den Büchern für die verschiedenen Lesungen einen Unterschied gemacht. Das Buch mit den Evangelien wurde mit größerer Sorgfalt hergestellt und geschmückt und noch höher verehrt als jedes andere Buch mit biblischen Lesungen" (Nr. 36).

Im Evangelium spricht Christus zur Gemeinde. Darum kommt diesem Buch eine herausragende Bedeutung zu. Bei feierlichen Gelübden oder Eiden legt die betreffende Person die Hand auf das Evangelium. Während der Bischofsweihe wird es dem zu weihenden Bischof aufs Haupt gelegt. Dem Diakon wird es bei der Weihe feierlich überreicht. In der kostbaren Gestaltung des Buches zeigen wir unsere Liebe zu Christus und seinen Worten. Diese äußeren Zeichen entsprechen unserer inneren Haltung der Liebe und Treue zum Evangelium.

In der Urkirche las der geweihte Lektor aus dem Evangelium vor. Seit dem 4. Jahrhundert ist es die Aufgabe des Diakons bzw. des Priesters. Man wandte sich beim Lesen nach Norden, weil nach der Auffassung der Alten der "Norden" die Gegend der Erstarrung, der Verhärtung und Erkaltung bedeutete. Durch das Evangelium sollen diese dem Leben und der Liebe der Heilsbotschaft weichen.

Nun ist das Lesen des Evangeliums in der hl. Messe nicht bloß Belehrung, nicht bloß Höhepunkt des Wortgottesdienstes, sondern vielmehr Huldigungsakt an Christus. Die Liturgie sieht hier Christus selbst, der im Evangelium zu uns spricht. Im eucharistischen Opfer, dem Kreuzesopfer von Golgata, ist Jesus der Ewige Hohepriester. Im Wortgottesdienst ist Er unser Meister und Lehrer. Einige Hinweise sollen die einzelnen Teile der feierlichen Verkündigung des Evangeliums verständlicher machen:

Lippenweihe

Bis zur Lesung des Evangeliums liegt das Evangeliar auf dem Altar. Der Altar steht für Christus. Der Priester küßt den Altar, wenn die hl. Messe beginnt. Da das Evangelium Christus symbolisiert, muß es auch vom Altar kommen. Dies geschieht in der feierlichen hl. Messe in Form einer Prozession. Der Priester geht, begleitet von Kerzenträgern und Weihrauch, zum Altar, wo das Evangeliar liegt und betet tief verneigt das "Munda cor meum et labia nica": "Reinige mein Herz und meine Lippen, daß ich Dein heiliges Evangelium würdig zu verkünden vermöge."

Diese "Lippen- und Herzweihe" hat ihren tiefen Sinn und geht auf das Alte Testament zurück. Jesaia erzählt im 6. Kapitel von seiner Berufung zum Prophetenamt. Er steht vor dem Thron Gottes mit allen Engeln versammelt und erschauert vor der Heiligkeit Gottes: "Weh mir! Ich darf niemals reden, weil ich ein Mann mit unreinen Lippen bin. Da flog ein Seraphim zu mir mit einer glühenden Kohle, die er vom Rauchopferaltar genommen. Damit berührte er meinen Mund." Nun darf der Prophet das Wort Gottes verkünden.

Der Priester vollzieht diese Weihe zwar alleine, doch alle können sich innerlich daran beteiligen. Er betet dieses Gebet vor dem Vorlesen des Evangeliums und beugt sich dabei immer in Richtung des Altars, auch wenn er das Buch (wie an normalen Tagen) nicht vom Altar holt.

Prozession

Der Priester nimmt das Evangeliar vom Altar. Wer jemals bei einer östlichen Liturgie dabei war, wird tief beeindruckt sein von der feierlichen Evangeliumsprozession und den langen Gesängen des Halleluja vor dem Evangelium. Wir sind in der römischen Liturgie etwas nüchterner. Die bei uns sehr kurze Prozession geht direkt zum Ambo, nicht, wie in den Ostkirchen üblich, erst durch die Gemeinde.

An hohen Feiertagen begleiten den Priester dabei Träger der Leuchter (Ciriferrarier) und des Weihrauchfasses (Turiferrarier). Falls ein Diakon oder ein zweiter Priester das Evangelium vorträgt, geht er vorher zum zelebrierenden Priester (nicht bei Konzelebration) und erbittet von ihm den Segen. Dann erst geht die Prozession weiter zum Ambo. Das wartende Volk singt unterdessen einen Hallelujavers oder ein entsprechendes Lied. Was mit dieser Prozession eigentlich ausgedrückt wird, ist sehr einfach: Christus selbst ist es, der jetzt im Evangelium erscheint und zu uns sprechen wird. Deswegen erheben wir uns dabei.

Verkündigung

Der Priester grüßt die Gläubigen mit dem bekannten Gruß: "Dominus vobiscum - der Herr sei mit euch", und die Gläubigen antworten: "Et cum spiritu tuo - und mit deinem Geiste". Sogleich folgt die Ankündigung, aus welchem Evangelium der Text vorgelesen wird: "Lectio sancti evangelii secundum... - aus dem hl. Evangelium nach..", die Gemeinde antwortet: "Gloria tibi Domine - Ehre sei Dir, o Herr". Der Priester (oder der Diakon) bezeichnet die Anfangsstelle des vorzulesenden Evangeliums, dann Stirne, Mund und Herz mit dem Kreuz. Die drei letzten Kreuzzeichen vollziehen die Gläubigen mit, denn auch sie sollen das Wort Gottes mit ganzem Verstand aufnehmen, im Herzen bewahren, es bekennen und auf ihre Weise verkünden. Nun inzensiert der Priester das Evangelienbuch und erweist dem Wort Gottes die Ehre. Bei einer Bischofsmesse legt der Bischof aus Respekt vor dem Wort Gottes die Mitra ab. Am Ende sagt oder singt der Priester: "Verbum Domini - Evangelium unseres Herrn, Jesus Christus". Und alle antworten: "Laus tibi Christe - Lob sei Dir, Christus". Dabei küßt der Priester den Anfang des Textes, den er vorgetragen hat, und sagt dabei mit leiser Stimme: "Per Evangelia dicta, deleantur nostra delicta - durch die Worte des Evangeliums mögen unsere Sünden getilgt werden".

Noch einige Bemerkungen zu unserem Evangeliar:











Es enthält alle Evangelien der drei Lesejahre sowie die der großen Feste. Der Text ist der neuen Einheitsübersetzung entnommen. Der Schrifttypus ist die Adamasschrift. Unser Evangeliar enthält 29 ganzseitige Farbbilder. Sie sind eine in einem neuen Verfahren hergestellte Reproduktion von Miniaturen aus Groß-St. Martin zu Köln, welche zum Kostbarsten gehören, was die rheinische Buchmalerei zu Beginn des 13. Jahrhunderts geschaffen hat. Es waren wohl Mönche aus Groß-St. Martin, die jene goldgrundigen Miniaturen geschaffen haben, mit dünnen, mehrfarbigen Leisten gerahmt. Türkisgrüne, rostrote und blaue Farbschattierungen auf weißen Gewändern bestimmen die Farbskala.

Unser Evangeliar ist in Kalbspergament gebunden, mit zwei vergoldeten Schließen, Goldprägung auf dem Buchrücken, Goldschnitt und verstärkten Bändern, Innenseiten mit beigem Suedel-Velours überzogen. Auf der Rückseite ist eine mehrfarbige Emailplatte mit Kreuzmotiv angebracht.











Auf der Vorderseite befindet sich eine vergoldete Kupferplatte auf einer versilberten Messingfassung, die Herr Riffeler in Anlehnung an Kreuzweingartener Motive (mittleres Seitenfenster an der Südseite der Kirche) hergestellt hat. Mitten in einem Weinstock befindet sich der junge Christus, wobei der Rebstock hinter seinem Rücken ein Kreuz bildet. Die kunstvolle Arbeit ist in Treibarbeit hergestellt und war nicht ganz billig. Zwei große und vier kleine Opale bilden einen wertvollen und würdigen Rahmen der dargestellten Szene. Ein edelmütiger Spender hat diese Künstlerarbeit ermöglicht.











... Eine starke Frau











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