Glockenbeiern in Kreuzweingarten

Im Glockenturm der Pfarrkirche

Von Heinrich Klein


Beiern bedeutet das rhythmische Läuten einer Glocke. Die Frage ist, wie werden die Glocken so geläutet, daß die Töne nicht zufällig zustandekommen? Denn eine große Glocke läutet langsamer als eine kleine Glocke. Zum Zweck des genauen Steuerns der Töne wird die Glocke am nach unten herausragenden Klöppel mittels Seil festgebunden, und zwar so, daß der Klöppel nahe am Glockenrand zu hängen kommt.

Klopft man nun auf das Seil oder drückt es nach unten, bzw. schlägt es an, so haut der Klöppel an die Glocke und es entsteht ein Glockenton. Durch kurze, taktgenaue und schnell aufeinanderfolgende Schläge auf das Seil kann man den Klang der Glocke und den Rhythmus bestimmen. Mehrere Glocken nebeneinander und mehrere gespannte Seile ermöglichen das Spielen einer Melodie.


Hier hat der Beierer Karl Bohnen 3 Seile zu den Glocken gespannt, die er nach bestimmten harmonischen Folgen jeweils herunterdrückt, bzw. anschlägt.


Der wichtigste Unterschied zwischen Läuten und Beiern ist, daß beim Läuten die Glocke bewegt wird und beim Beiern der Klöppel, der mittels Seil nahe am Glockenrand festgebunden ist.

Durch das angespannte Seil hängt die Glocke im Ruhezustand etwas schräg und der Klöppel steht nah am Glockenrand. Der Rhythmus kann durch schnelleren oder festeren Anschlag beeinflußt werden. Die Kobination der Glockenschläge bestimmt die Melodie, deren Wiedergabe auch vom Beierer bestimmt wird. Jeder Beierer hat dabei seine eigene Technik und persönliche Note entwickelt.


Der schräg angespannte Klöppel an der schräg hängenden Glocke.


Früher war Beiern hauptsächlich eine Sache der unverheirateten jungen Männer. Da hat sich im Glockengestühl des Kirchturmes vielleicht manches Treffen abgespielt. Und auch ein Beierer, der ansonsten nicht gerade ein Kirchgänger war, hielt sich zur betreffenden Zeit im Glockenturm auf. Manchmal bekamen Glocken vom allzu heftigen Beiern Risse und es hat zeitweise sogar Beierverbote gegeben, da man ältere Glocken schonen wollte.

In bestimmten Gegenden war es auch Brauch, daß zum Beiern mit Eisenstangen, Schaufeln oder sonstigem Eisengerät auf die Glocke eingeschlagen wurde. Dies soll einst auch einmal zum Austreiben von bösen Geistern betrieben worden sein. Jedenfalls kam so manche Glocke zu Schaden und man mußte von offizieller Seite einschreiten.

Wenn von „Gegenden“ geredet wird: Gebeiert wird hauptsächlich im Westen und Norden Deutschlands, in den skandinavischen Ländern, im Ostseeraum, Holland, Belgien und Frankreich.

Glockenbeiern ist Festtags-Angelegenheit und wird in Deutschland allgemein an kirchlichen Feiertagen, wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam durchgeführt. Dazu je nach Gegend und Tradition an Kirmes, Schützenfest oder Neujahr.


Bilder: Karl Bohnen


Texte und Veröffentlichungen Kreuzweingartens ©

Zurück zur Indexseite
© Copyright woengede