Zum Goldenen Doppeljubiläum von Prälat Jakob Hubert Wolfgarten und Franz Nettersheim




Keldenich, 1. Juli. Vor einigen Tagen berichteten wir über das hierselbst am Feste Peter und Paul geplante goldene Doppeljubiläum unseres geliebten Pfarrers und Ehrendechanten, des Herrn Prälaten Wolfgarten u. seines getreuen Küsters und Organisten Herrn Nettersheim. Jetzt, da das Fest hinter uns liegt, können wir mitteilen, daß dasselbe in allen seinen Teilen einen prachtvollen Verlauf nahm und jedem Teilnehmer unvergeßlich bleiben wird. - Schon der Festzug am Vorabend, an dem sich sämtliche Vereine des Ortes, die Schule und die übrigen Bewohner beteiligten, um am Pfarrhause den Jubilaren ihre Huldigung darzubringen, lockte zahlreiche Fremde herbei. Diese, wie auch die, welche andern Tags zum Feste erschienen, staunten über den herrlichen Festschmuck, den sowohl Kirche als auch die Straßen des Ortes angelegt hatten. In wochenlanger Arbeit hatten nämlich fleißige Hände Kränze, Girlanden, Ehrenbogen und –pforten aus Tannengrün und Stechpalmen gefertigt, in denen auch nicht die geringste Spur von fabrikmäßig hergestelltem Papierzierrat zu sehen war. Infolgedessen bot das Ganze einen bezaubernden Anblick. Am Tage selbst wurde morgens kurz nach 9 Uhr der Organistenjubilar, nachdem er von weißgekleideten Mädchen mit einem Gedicht begrüßt und ihm der mit Goldkranz geschmückte Hut überreicht worden war, von Abordnungen der Vereine zum Pfarrhause gebracht, wo dem Jubilarpriester das mit Goldkranz gezierte Birett unter entsprechenden Festgedichten überreicht wurde. Inzwischen hatten die Vereine vom Pfarrhause bis zur Kirche Spalier gebildet. Durch dieses wurden jetzt die beiden Jubilare von weißgekleideten Mädchen, den Mitgliedern des Kirchenvorstandes, dem Bürgermeister, dem Landrat, einigen 30 Geistlichen und andern Gästen zum Gotteshause geleitet. Hier hielt in dem feierlichen Levitenamt Herr Dechant Mockel von Marmagen die Festpredigt, in der er in formvollendeter Weise das Zusammenfallen der beiden Jubelfeste und namentlich aber die Wichtigkeit und hohe Bedeutung des Priestertums den lautlos horchenden Anwesenden vor Augen führte. Da unsere ziemlich große Kirche die Gläubigen nicht alle fassen konnte, mußte gleichzeitig mit dem Amte eine hl. Messe an einem Notaltar vor der Kirche im Freien gelesen werden. Nach Beendigung des Levitenamtes wurden unsere Jubilare durch die wieder spalierbildenden Vereine aufs feierlichste zum Pfarrhause zurückgeleitet. - Mittags gegen 12 Uhr fanden sich Abordnungen der Vereine und viele andere Damen und Herren im Pfarrhause ein, um ihre Glückwünsche zu übermitteln. Nach der feierlichen Prozession zur Lourdes-Grotte begann um 5 Uhr im Ferverschen Saale die Festversammlung. Es war unmöglich, daß der Saal, der dicht besetzt war, die immer noch Hinströmenden alle fassen konnte. Viele mußten umkehren. Die Versammlung gestaltete sich zu einer großartigen Kundgebung inniger Liebe und Treue der ganzen Pfarrei zu den Jubilaren. Nachdem Herr Prälat Wolfgarten auch im Namen seines Mitjubilars für die vielen Ehrungen mit warmen Worten gedankt hatte, begann endlich das unter großen Mühen eingeübte feinsinnige biblische Schauspiel des schwäbischen Dichterpfarrers Sebastian Wieser „Vom Paradies und Brudermord“. Dasselbe fand vollen Beifall. Einer der anwesenden Geistlichen beglückwünschte die Spielenden zur getroffenen Wahl und betonte, daß er sich kein schöneres Spiel zu dem Feste hätte denken können. - Wünschenswert wäre es, wenn dasselbe an einem spätern Zeitpunkte noch einmal aufgeführt würde. - Am Tage nach dem Feste hielt unser Jubilarpriester für alle Verstorbenen ein feierliches Totenamt. - Nachmittags erschienen einige 30 Mitglieder des Küster- und Organistenvereins, die am Tage selbst des Festes Peter und Paul wegen in ihren Pfarreien unabkömmlich gewesen waren, um ihrem Mitglied unserm Organistenjubilar Herrn Nettersheim, auch ihrerseits die schuldigen Ehrungen zuteil werden zu lassen. Aus demselben Grunde scharten sich auch sämtliche Mitglieder des hiesigen Kirchenchores abends noch einmal um den Gefeierten. - An dieser Stelle sei recht herzlich gedankt allen, die es sich nicht hatten nehmen lassen, zum Feste herbeizueilen, ferner allen, die durch ihre trefflichen Worte der Feier den Stempel weihevoller Stunden aufprägten, aber auch allen denen, die durch irgend etwas anderes zum vollen Gelingen des schönen Festes beigetragen haben.


Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 5. Juli 1926




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