20 Jahre Jünglings-Kongregation: „Andreas Hofer“




Kreuz-Weingarten, 9. Dezember. Die hiesige Jünglings-Kongregation ließ am Feste der Unbefleckten Empfängnis zur Feier ihres 20jährigen Bestehens das historisch Drama: „Andreas Hofer“ von P. Schinhofen, über die Bühne ihres schönen Jugendheims gehen. Das Sälchen war gut besetzt, und besonders viele Auswärtige hatten sich eingefunden, da die schauspielerischen Darbietungen im Weingartener Jugendheim sich allmählich nachgerade eines gewissen Rufes erfreuen. Wir erinnern nur an die z. Zt. dort gebotenen würdigen Passionsspiele, sowie an die mit Theateraufführungen verbundenen Kirmeskonzerte des Kirchenchores. Die Wahl des Stückes muß eine glückliche genannt werden, nicht zuletzt wegen der für einen Jugendverein so wichtigen erzieherischen Werte. Die große Anzahl Jugendlicher bei den Zuschauern bewies denn auch durch die Ergriffenheit, mit der sie dem unter der künstlerischen Regie des Herrn Becker vorzüglich eingeübten und mit schlichter Ueberzeugungskraft dargebotenen Spiele folgte, daß sie für die hohen ethischen Momente des Dramas ein feines Empfinden besaß. Trat doch der Held des Stückes nicht nur als der begeisterte mutige Freiheitskämpfer in die Erscheinung, sondern vor allem als das Vorbild des schlicht-gläubigen katholischen Mannes, dessen Vaterlandsliebe aus seiner religiösen Pflichtauffassung heraus als Gewissenssache erscheint. Scharf hebt sich als dunkle Folie von dieser Gewissenhaftigkeit des schlicht-großen Helden, der, nachdem er vorher die Tröstungen seiner hl. Religion empfangen, unerschrocken dem Tode ins Auge sieht und selbst das Feuer der auf ihn gerichteten Flintenläufe kommandiert, die erbärmliche Gewissenlosigkeit seines Verräters ab, der denn auch ohne Beistand des ersehnten Priesters, als ein zweiter Judas durch Selbstmord endet. Neben dem Hauptmotiv der Freiheits- und Vaterlandsliebe klingt dann aber auch als bedeutendes Nebenmotiv das gerade der Jugend so sympathische Lied der Freundschaft, die Hofer mit seinem Schwager Gusler verbindet, eine Männerfreundschaft, deren Treue der Tod überdauert. Ergreifend war der letze Abschied der beiden Freunde. Ein anderes Nebenmotiv war die Vater- und Kindesliebe, die sich in ergreifenden Szenen äußerte. Diesem Hohenliede der Freiheits-, Kindes- und Freundesliebe konnte auch der Feind seine Bewunderung nicht versagen und nur am hohen Heldensinn Andreas Hofers, der durch seinen Tod ein Beispiel höchsten Opfermutes seinen Brüdern geben, und zugleich seinen vermeintlichen Ehrgeiz bei der nach heftigem innern Kampfe auf Drängen der Brüder übernommenen Führerschaft in die Fortsetzung des Freiheitskampfes suchen wollte, scheitern ihre Versuche, den bewunderten Gegner vor dem Tode zu bewahren. Die Spieler ernteten reichlichen, wohlverdienten Beifall. Die kleidsamen Trachten der Tiroler Freiheitshelden und der napoleonischen Offiziere trugen auch das ihrige zur eindrucksvollen Wirkung bei. - Wie wir hören, wird das Stück am nächsten Sonntag eine Wiederholung erfahren und es wäre zu wünschen, daß der Jünglingskongregation, die diesmal keine Kosten und Mühe gescheut hat, um etwas wirklich Künstlerisches zu bieten, ein voller Saal beschieden wäre. Die Aufführung beginnt um 5 Uhr und dauert etwa 3 Stunden.


Entnommen: Euskirchener Volksblatt Nr. 285 vom 10. Dezember 1927




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