Als der Bautrupp den Handwagen schob
Telegrafenobersekretär Jakob Veith begeht sein 40jähriges Jubiläum

Euskirchen. Schon wieder meldet die große Postfamilie einen Jubilar, der 40 Jahre zu den „Telegrafen“, wie es in Euskirchen heißt, gehört. Es ist Telegrafenobersekretär Jakob Veith, der Leiter des Fernmeldebaubezirks Euskirchen, der in einem, vor dem Krieg bereits von der Post gekauften Fabrikgelände in den Herrenbenden seinen „Amtssitz“ hat.

Als Jakob Veith am 26. Juni 1914 beim Telegrafenbautrupp eintrat, ging der Dienstablauf noch schwerlicher vor sich als heute. Der Bautrupp zog über Land, um Neuanlagen zu bauen und die ober- und unterirdischen Fernlinien zu kontrollieren. Damals gab es in Euskirchen knapp 500 Teilnehmer und bei den kleinen Nebenämtchen jeweils knapp 50 oder höchstens 100.

Damals fuhr der Bautrupp noch

mit einem Handwagen

los, auf dem sich drei bis vier Leitern türmten, sechs Masten, Schanzzeug, Werkzeug und ein Zelt. Jeder der Leute hatte ein Fahrrad, das er mit der einen Hand lenkte, mit der anderen Hand wurde der Handwagen „gedäut“. So ging es oft von Euskirchen bis Buschhoven, von Münstereifel bis kurz vor die Ahr.

„Wir mußten von morgens früh 7 Uhr bis abends 7 Uhr arbeiten. Kamen wir am nächsten Tag wieder an denselben Arbeitsplatz“, erzählt Jakob Veith, „dann ließen wir abends den Handwagen einfach am Waldrand stehen. So ehrlich waren damals noch die Menschen.“

„Wie arbeiten denn heute die Bautrupps?“ „1920 setzte die Motorisierung ein. Heute ist jeder Bautrupp

weitgehend motorisiert.

Wir haben in unserem Bezirk vier Bautrupps, einen für die Stadt und einen für die Stadtaußenbezirke und je einen in Zülpich und Münstereifel. Alle Außentrupps verfügen über einen Lastkraftwagen.“

Als der Jubilar beim Telegrafendienst eintrat, war es noch weit bis dahin. Im zweiten Kriegsmonat 1914 kam er ins Feld zu den Fernsprechtruppen. Nach dem Kriege kehrte er wieder zu dem einzig bestehenden Bautrupp, zu dem bald jedoch der zweite hinzukam, zurück. Damals war er Telegrafenvorarbeiter, 1923 kam er für sechs Jahre als Telegrafen-Leitungsaufseher nach Brühl in den Entstördienst. Doch der damalige Bautruppführer von Euskirchen holte sich seinen tüchtigen Jakob wieder, und 1929 wurde er als Hilfsbeamter die rechte Hand des Bautruppführers. Damals lernte er den Bezirk

in und auswendig kennen,

Arbeit gab es genug, denn ein Bautruppführer hatte vier Trupps zu leiten.

Den Zweiten Weltkrieg erlebte der Jubilar an seinem Arbeitsplatz. Als das Postamt völlig zerstört war, gingen die Männer des Fernmeldebaubezirkes in den großen Schaltbunker der Post an der Frauenberger Straße, in dem alle Kabel zusammenlaufen. Bald übernahm die Wehrmacht diesen wichtigen Punkt, und zwei Tage vor Einmarsch der Amerikaner ging er mit der Wehrmacht und einem halben Dutzende Leute über den Rhein.

„Es war eine verrückte Zeit vorher, während der Bomben- und Tieffliegerangriffe. Morgens fuhr ich mit einem Kollegen von unserer Wohnung in Kreuzweingarten nach Euskirchen, während sich um dieselbe Zeit der Menschenstrom nach Kreuzweingarten in Bewegung setzte, um dort im Bunker Schutz zu suchen.“

Im Mai 1945 kehrte Jakob Veith wieder zurück, und einen Monat später nahm der Baubezirk Euskirchen wieder seine Arbeit auf. Man bezog das Gebäude in den Herrenbenden. 1946 wurde der damalige Telegrafenassistent Telegrafensekretär und 1950 Telegrafenobersekretär und gleichzeitig Leiter des Fernmeldebaubezirkes.

„Als wir nach dem Krieg wieder anfingen, war über und unter der Erde

alles kaputt,

was mit der Telegrafie zusammenhing“, sagte der Jubilar, „das erste Kabel, das wir wieder legten, war für die Amerikaner. Im Juli 1945 wurden die ersten zivilen Anschlüsse wieder hergestellt. Es hat zwei bis drei Jahre gedauert, bis wir aus dem Gröbsten heraus waren.“

So hat Telegrafenobersekretär Jakob Veith 40 Jahre technische Entwicklung im Fernmeldewesen bei der Post erlebt. Aber langsam denkt der 62jährige doch schon mal an die Zeit der Penisonierung. „Auch dann werde ich immer noch genug zu tun haben. In Kreuzweingarten wartet mein großer Garten auf mich und manche Arbeit, und an den langen Winterabenden kann ich mich dann endlich ungestört mit meiner geliebten Briefmarkensammlung beschäftigen.“

Zu dem heutigen Jubiläum übermittelt auch die ( R ) ihre guten Wünsche.



Artikel-Sammlung Heinrich Veith Kreuzweingarten
Quelle: Kölnische Rundschau vom Juni 1954 *)

*) Anmerkung: Leider fehlen bei manchen Artikeln der Sammlung Heinrich Veith oftmals Quellenangabe und Erscheinungsdatum.
Die fehlenden Werte wurden so gut es ging, nachgearbeitet.
Für Irrtümer wird auf eine spätere Nachbesserung verwiesen; ggf. um Korrekturangaben gebeten.

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