Rätsel im Acker gelöst
Luftaufnahme brachte Denkmalpfleger auf die Spur des Römerkanals
Neues Teilstück als heller Streifen - Freigelegt und wieder zugeschüttet

Von unserem Redakteur Karsten Karbaum

Euskirchen - Immer wenn Bauer Josef Gilles-Falkenstein im Frühjahr und Herbst seinen Acker am Ortsausgang von Rheder pflegte, kam ihm etwas an einer bestimmten Stelle spanisch vor. Der Untergrund war felsenhart und ab und zu förderte er kleine Bruchsteine zutage. Mit der Zeit kannte er die Stelle und vermied es, hier unter 25 Zentimeter tief zu pflügen. Zum Glück, denn dadurch konnte in den letzten Tagen ein guterhaltenes Geheimnis gelüftet werden.

Eine Luftaufnahme im Sommer vergangenen Jahres brachte die Mitarbeiter des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege auf die Spur. Sie suchten nach dem weiteren Verlauf des Römerkanals, der ab dem Acker des Bauern unklar war. „Wir vermuteten“, so Klaus Grewe vom Bonner Amt, „daß das historische Bauwerk am Ortsausgang von Rheder rechtwinklig in Richtung Erft weitergeführt wurde.“

Die Luftaufnahme zeigte, daß der Winkel spitz war. Auf dem Bild zeigte sich ein heller Streifen. Die Erklärung: „Der Pflanzenwuchs war vermindert, weil der „fundierte“ Untergrund weniger Wasser speichern kann, als normale Böden.“

Schnell fündig

Vergangenen Mittwoch machten sich die Grabungsarbeiter Arnold Braun, Ludger Krieger und Klaus Heller von der Zülpicher Außenstelle des Amtes mit einem Bagger an die Arbeit und wurden bereits am Nachmittag fündig. Knapp 30 Zentimeter unter der Oberfläche stießen sie auf die feste Schicht, die 1,50 Meter breit ist und legten sie 30 Meter weit frei.

Wie die Untersuchungen von Klaus Grewe ergaben, handelt es sich um das Fundament eines Aquädukts des Römerkanals, der an dieser Stelle einmal 1,50 Meter aus dem Boden ragte. Es sei eine Art Rampe gewesen, die die Wasserleitung an die Erft herangeführt habe.

Das Fundament, so fanden die Grabungsarbeiter heraus, bestehe aus 20 Zentimeter Steinstickung (eine Aufschüttung von Steinen und Kies ohne Mörtel), die verdichtet wurden. Darauf wurde ein 70 Zentimeter dickes Betonpaket aus Mörtel und Steinen aufgefüllt.

Aber nicht nur dies fanden die Mitarbeiter des Amtes. Im Abstand von etwa 50 Metern führten Baustraßen an den Kanal heran, auf denen die Römer vor 2000 Jahren das Material angekarrt haben müssen. Nun ist der damalige Straßenbau natürlich nicht mit dem von heute vergleichbar, die alten Römer begnügten sich mit einer einfachen Kiesschüttung.


30 ZENTIMETER UNTER DER ERDE fanden die Mitarbeiter des Amtes für Bodendenkmalpflege bei Rheder das Fundament eines Aquädukts, das den Römerkanal mit der Erft verband.

Wurden die Zeugen der Vergangenheit erst grob mit dem Bagger freigelegt, mußten später die Kollegen um Grabungsleiter Arnold Braun in mühevoller Handarbeit jeden Stein mit der Kelle freiputzen. Erst danach dokumentierten die Mitarbieter des Amtes die Ausgrabungen. Es wurde vermessen, fotografiert und skizziert. Als diese Arbeit getan war, wurde alles zugeschüttet. Der Fund von Rheder verschwand gestern wieder unter dem Erdreich.

Neue Stellen entdeckt

Bei der Fülle von Ausgrabungen aus der Römerzeit, so Grewe, sei es unmöglich, alle Funde für die Öffentlichkeit zu erhalten. Allein in den letzten vier Jahren hätten er und seine Mitarbeiter allein 15 neue Stellen im Gesamtverlauf des Römerkanals entdeckt.


IN MÜHSAMER HANDARBEIT putzen Arnold Braun (links) und Klaus Heller die Kiesschüttung der römischen Baustraße mit der Kelle frei. Ist alles skizziert, vermessen und fotografiert, wird es einfach wieder zugeschüttet. Bilder: Karsten Karbaum

Der Diplomingenieur, der auch Autor des „Atlas der römischen Wasserleitung“ ist, erarbeitet jetzt einen Nachtrag, in dem die letzten Ausgrabungen ausgearbeitet werden und natürlich auch das Fundament des Aquädukts aus Rheder seinen Platz finden wird.

Übrigens: Wenn jetzt Bauer Josef Gilles-Falkenstein über der geheimnisvollen Stelle im Herbst und Winter wieder seine Furchen zieht, wird ihm ganz bestimmt nichts mehr spanisch vorkommen - eher schon römisch.

Artikel-Sammlung Dr. Hermann Dissemond Rheder
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger vom 26. September 1990

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