Ein Eifeler Baudenkmal der Frühzeit
Gemeint ist der Römerkanal, die kunstvoll erbaute Wasserleitung der Römer



Zu den wuchtigsten Baudenkmälern aus der Zeit vor fast 2000 Jahren gehört der Römerkanal. In letzter Zeit ist er durch Straßenneubauten an verschiedenen Stellen freigelegt worden, so bei Mechernich und Buschhoven. Ueber seinen Zweck gingen bis vor wenigen Jahrzehnten die Meinungen sehr auseinander. Eindeutig steht jetzt fest, daß der Kanal eine römische Wasserleitung war, deren Bau in die Zeit der Herrschaft des römischen Statthalters von Untergermanien, Tragan, der in Köln wohnte, im ersten Jahrhundert n. Chr. fiel. Daß der Kanal tatsächlich um diese Zeit gebaut wurde, beweisen Niederschriften über Verbesserungen, die der Statthalter Caracalla um 213 n. Chr. ausführen ließ.

Es war kein leichtes Stück Arbeit, den Kanal mit den damaligen unvollkommenen Meßinstrumenten fertigzustellen. Gewaltige Höhenunterschiede waren zu überwinden, vier Scheiderücken mußten überstiegen und vier große Flußläufe in den Tiefpunkten der Täler durchschnitten werden. Unter acht kleineren Bächen wurde der Kanal durchgeführt. Auf de Wasserscheide zwischen Rhein, Mosel und Maas, im Kalkgebiet bei Nettersheim, nahm der Römerkanal seinen Anfang. Nettersheim war schon zur Römerzeit stark besiedelt. Zum Schutz der Römerstraßen und der römischen Wasserleitung waren dort sogenannte Benefitiaren stationiert, altgediente römische Soldaten, die nach Art unserer Landjäger dort ihren Dienst versahen. Die wertvollen Ergebnisse über die Römerzeit Nettersheims werden den Ausgrabungen des Landesmuseums in Bonn und den Forschungen von J. Hagen, über Römerfunde der Rheinprovinz verdankt. Von Nettersheim aus zog sich der Römerkanal wie eine Schlingpflanze an Urft, Dahlbenden, Eiserfey, Vussem, Breitenbenden und Burgfey vorbei, um bei Kreuzweingarten in die der Eifel vorgelagerte Ebene einzutreten. Auf seinem weiteren Lauf berührt der Kanal Stotzheim, Palmersheim, Rheinbach, Buschoven und eine Reihe Orte des Vorgebirges. In Köln gab der Kanal sein letztes Wasser ab.

Bis vor wenigen Jahrzehnten war noch die Ansicht vorherrschend, daß der Beginn des Kanals in Trier gewesen sei. Diese Ansichten sind einwandfrei widerlegt, wie auch alle Vermutungen, der Kanal habe anderen Zwecken als einer Wasserleitung gedient. Im Nettersheimer Kalkgebiet fand der feinschmeckende und um sein leibliches Wohl sehr bedachte Römer jenes kristallklare und stets kühle Trinkwasser, wie es ihm Köln und auch die nähere Umgebung nicht bieten konnte.

Die Ausmaße des Römerkanals sind verschieden. In den ersten Kilometern seines 77,6 Kilometer langen Laufes betrug die Höhe des Kanals von der Sohle bis zu Wölbung 34 Zoll. Sie stieg dann auf 48 Zoll, und im Gebiet der Kakushöhle bei Eiserfey erreichte der Kanal mit 55 Zoll, das ist 1,56 Meter, seiner größte Weite. Dort machte die Zufuhr des Hausener Baches diese Erweiterung notwendig. Bis ins Vorgebirge hat der Kanal diese Weite behalten. Dort wurde sie wieder geringer, da in verschiedenen Ausläufern schon Wasser an die Orte um Köln abgegeben wurde. Auch das Mauerwerk war nicht überall das gleiche; es wurde Material verwandt, wie es die Umgebung gerade lieferte. So finden wir in dem Eifelteil des Römerkanals bis hinter Rheinbach Bruchsteinmauerwerk, während in der Kölner Bucht ein Gemisch von kleinerem Gestein und Mörtel verwandt wurde. Die Innenwände des Kanals waren mit einem feinen Verputz überzogen, der, mit der Dicke der Wände, ein Durchlassen des Wassers unmöglich machte.

Nicht lange hat der Kanal seinen Erbauern gedient. Als die Römer gegen Ende des 5. Jahrhunderts sich von den Franken immer mehr verdrängen ließen, begannen die Franken mit der Zerstörung des Kanals. So kam es, daß das mit viel Mühe errichtete Bauwerk auf langen Teilstrecken sein Material für Bauzwecke hergeben mußte. Heute findet man in manchen Kirchen die Sintersteine des Römerkanals, z. B. in Münstereifel, in Mechernich, im Bonner Münster, in der Abteikirche Maria Laach usw. Auch die Umfassungsmauern Eifeler Burgen und Schlösser, sowie Friedhofsmauern, wurden vielfach aus dem Sintergestein des Römerkanals errichtet.

Ein Kranz von Sagen hat sich im Laufe der Jahre um den Kanal gebildet. Der Name „Düfelsoder“ (Teufelsader) ist heute noch im Volksmund lebendig und wird mit einer Wette, die der Teufel mit dem Erbauer des Kölner Domes gemacht haben soll, in Zusammenhang gebracht. Es soll eher möglich sein, so wettete der Teufel mit dem Baumeister, das Eifelwasser in einem Kanal nach Köln zu leiten, als den Dom zu bauen. Der Teufel gewann die Wette. Aus Aerger hierüber stürzte sich der Dombaumeister von seinem halbfertigen Bauwerk aufs Straßenpflaster und blieb zerschmettert liegen.





Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 30. November 1940




Zurück zur Indexseite
Zeitungsartikel ©
© Copyright woengede