Schauplatz unseres neuen Heimatromans:
Die Hardtburg

Die Heimatromane und –Erzählungen in unserer Zeitung erfreuen sich einer stets wachsenden Beliebtheit in unserm Leserkreise. Aus den zahlreichen Anerkennungen, die namentlich die am 3. Dezember 1937 beendete Eifel-Erzählung „Die verlorene Heimat“ gefunden hat, greifen wir die nachfolgende, uns von einem Einwohner des Kreises Schleiden zugegangene heraus:

„An die Schriftleitung des Volksblattes!

Nach Abschluß der Fortsetzung Ihres Heimatromanes „Die verlorene Heimat“ drängt es mich, Ihnen einiges zu schreiben darüber, wie ich den Roman aufnahm und empfand und wie auch andere, die mit mir gleich eifrig die Fortsetzungen verfolgten, darüber urteilen. Ich meine, daß wir mehr solch heimatkundliches Schrifttum in unseren Tageszeitungen finden müßten, denn dadurch entsteht nicht nur eine sehr enge Bindung zu den rückliegenden Dingen, die sich im Heimatbereich begaben, auch die Bindung zur Gegenwart wird herzlicher und aufrichtiger. Zumal für uns Kreis Schleidener und insonderheit für die Bewohner jener Ecke, die jetzt durch die Schwammenaueler Talsperre markiert wird, war es ein wirkliches Erlebnis, die Geschehnisse jener verworrenen Zeit noch einmal aufleben zu sehen, als echte deutsche Männer hier gegen einen fremden und einen ehrlosen Feind in den eigenen Reihen Hof und Scholle verteidigen mußten. Der Verfasser des Romans verstand es gut, die Begebnisse in einen ansprechenden Rahmen zu kleiden, die Menschen unserer Heimat so zu schildern, wie sie sind, wie sie da standen und sich als ein Bollwerk des Willens und des Heimatbekenners den Widersachern entgegen stellten. Wir begrüßen es, daß sie die Romanfolgen jetzt auch gesammelt herausgeben wollen, denn eine derartige Heimatchronik möchte man sich gerne aufheben.

Ich spreche im Namen vieler meiner Bekannten, wenn ich Ihnen für die Freude, die Sie uns mit der Veröffentlichung gemacht haben, meine herzlichen Dank ausspreche.

H*e*i*l H*i*t*l*e*r!

Unterschrift

Solche Anerkennungen unseres Strebens sind selbstverständlich geeignet, uns zu weiterer sorgsamer Pflege des Heimat-Feuilletons im Volksblatt anzuspornen. Wir werden in der nächsten Nummer mit dem Abdruck eines neuen großen Heimatromans aus der bewährten Feder von M. Kamann beginnen:

„Der Soldat aus Kirchheim“

dessen Schauplatz in der Hauptsache die Hardtburg ist. Er spielt um die Wende des 18. Jahrhunderts. Damals hatte die Hardtburg noch ihre ursprüngliche Gestalt. Das dortige Forsthaus ist erst im Jahre 1721 entstanden. Ein Rückblick auf die Geschichte der Hardtburg und eine Beschreibung des einstmals wehrhaften Baues dürfte daher unsern Lesern willkommen sein.

Die Geschichte der Hardtburg

Der älteste Zeuge eine menschlichen Siedlung in der Hardt ist der sogen. Ringwall auf dem Alten Burgberge bei Kreuzweingarten, der vielleicht germanischen Ursprungs ist. Die Hardtburg selbst wird zum ersten Male im Jahre 1166 urkundlich erwähnt. Damals verkaufte Hermann von Kirspenich die Burg seinem Neffen Rudolph von der Hardt. Katzfey erwähnt jedoch bereits im Jahre 1112 einen Rudolph von „Hart“ als Mitunterzeichner eines Abkommens zwischen dem Stifte zu Münstereifel und dem Pfarrer von Rheinbach und meint, dieser von Hart sei der Subadvocatus von Münstereifel gewesen. Katzfey behauptet auch, die Burg habe schon gleichzeitig mit der Hockeburg in Kirchheim bestanden oder sei aus deren Ruinen hervorgegangen. „Sie war nämlich ein Glied in jener Befestigungskette, die vom Rheine bis zur Maas lief und worin sich Sinzig, Landskron, Ahrweiler, Tomberg, Hockeburg, Hardt, Billig, Zülpich, Düren, Jülich, Aachen, Mastricht *) signalisieren konnten.“ (II. S. 82.)


Blick durch den Torbogen der Hardtburg auf den Bergfried.

Foto: Volksblatt-Archiv

Im 13. Jahrhundert gehörte die Burg zu dem großen Besitze der Grafen von Hochstaden. Eine Urkunde berichtet, daß Graf Friedrich von Hochstaden sie im Jahre 1246 der Hohen Domkirche in Köln schenkte, wo sein Bruder Konrad als Erzbischof waltete. Im Jahre 1340 baute Erzbischof Walram die großartige Burg oder erweiterte sie zu ihrer späteren Gestalt, um sich gegen die Angriffe des Markgrafen Wilhelm von Jülich zu sichern.

In den folgenden Jahrhunderten war die Hardtburg der Sitz der Amtmänner des kurkölnischen Amtes Hardt. In dem Weistum dieses Amtes von 13787, als Erzbischof Friedrich III. selbst das Geding zur Hardt abhielt, werden die sechs Dingstühle des Amtes genannt: Kuchenheim, Stotzheim, Kirspenich, Weiher, Zingsheim und Mudscheid *). Zu dem Amte gehörten folgende Ortschaften: Esch, Klein-Büllesheim, Kuchenheim, Stotzheim, Arloff, Kirspenich, Rheder, Weingarten, Antweiler, Holzheim, Harzheim, Weyer, Kallmuth, Eiserfey, Urfey, Vollem, Dreimühlen, Urft, Zingsheim, die Abtei Steinfeld, Marmagen, Wahlen, Glehn am Bleiberge, Satzvey und Mutscheid, außerdem eine Anzahl Rittersitze und Herrlichkeiten.

Es ist selbstverständlich, daß die Amtmänner des Amtes Hardt bei dessen Größe und Bedeutung ein großes Ansehen besaßen und eine umfassende Verwaltungsarbeit zu leisten hatten. Sie hatten stets eine Anzahl Hilfskräfte zur Seite, Förster und Amtsschreiber. In der Stotzheimer Geschichte wird berichtet, daß im Jahre 1642 ein Schreiber des Amtes Hardt mit Namen Salzschütter, nahe bei Weingarten „elendlich ermordet wurde, der Kopf und einzelne Gliedmaßen des Schreibers lagen auf offener Straße.“

In der Reihe der Amtmänner, die von 1463 bis 1794, dem Beginn der französischen Herrschaft, urkundlich nachgewiesen sind, spielt der Amtmann Franz von Quentel, der von 1684 bis 1716 auf der Hardtburg saß, deswegen eine besondere Rolle, weil in seine Amtszeit die Wirren des spanischen Erbfolgekrieges fallen, welche die Hardtburg stark in Mitleidenschaft zogen. Am 22. August 1696 schlug der lüneburgische General Sommerfeld, der mit seinen Truppen aus Brabant nach dem Oberrhein zog, bei Stotzheim sein Lager auf. Die Lage der Hardtburg als kurkölnische Enklave zwischen Jülicher und anderem Besitztum gab mehrfach Veranlassung zu schweren Bedrängnissen. Am 16. November 1702 befahl der hessische Major von Dannenberg, zur Wiederherstellung der von den Franzosen zerstörten Befestigung der Stadt Euskirchen im Hardtwalde das nötige Eichenholz zu holen. „Da die Hardt kurkölnisches Eigentum war“, berichtet Gissinger in seiner Geschichte der Stadt Euskirchen S. 306, trat der Amtmann daselbst, Franz von Quentel, den Leuten „in ihrem bösen Vorhaben“ entgegen und ließt etwa 20 Pferde derselben arretieren. Daraufhin erstürmten die Dragoner mit den Bauern die Hardtburg und nahmen mit Gewalt die gepfändeten Pferde zurück. Der Schaden im Walde belief sich auf 1890 Reichstaler.“

Im Jahre 1794 kam die Burg mit dem Walde zunächst in französischen Besitz und ging dann 1816 in den Besitz des preußischen Fiskus über, der die Hardt der Oberförsterei Kottenforst unterstellte und auf der Burg einen Förster unterhielt. Im vergangenen Jahrhundert war die Burg mit ihrer Umgebung häufig der Schauplatz festlicher Veranstaltungen; namentlich von Euskirchen aus wurden Waldfeste dort abgehalten, die ihren eigenen Reiz hatten. Die malerische Burgruine, der trotzige Bergfried mit seiner prachtvollen Fernsicht bis nach Köln hin, der herrliche Wald ringsum haben bis in die jüngste Zeit ihre Anziehungskraft bewahrt. Früher war mit der Försterei ein reger Wirtschaftsbetrieb verbunden. Vor Weihnachten 1877, also vor 60 Jahren, zeigt der Förster Sieglohr im Euskirchener Volksblatt an, daß die Restauration auch während des Winters in gut geheizten Räumen fortgeführt werde. Im vorigen Jahre hat sich der Förster infolge des schwachen Besuches gezwungen gesehen, den Wirtschaftsbetrieb einzustellen. Das ist bedauerlich; denn es gibt kaum in unserer Nähe eine sehenswerte Erinnerung an stolzes, mittelalterliches Burgleben als die Hardtburg.

Die alte Burg

Die äußere Ringmauer, die in ihren unteren Teilen bis auf eine kurze Strecke in der südöstlichen Ecke noch wohl erhalten ist, läßt die große, feste Burganlage noch deutlich erkennen. Sie zeigt im Grundriß die unregelmäßige Form einer Ellipse, die in der Länge von etwa 120 Meter, an der breitesten Stelle etwa 60 Meter mißt und rings von einem breiten Wassergraben umgeben war. Die nördlich Hälfte des Burgberings war von der südlichen durch einen Abschnittsgraben getrennt, dessen Futtermauern noch erhalten sind. In der nördlichen Hälfte lag das Herrenhaus mit der Amtmannswohnung und den Räumen der Kanzlei des Amtes Hardt; die heute dort stehenden Gebäude sind, wie gesagt, jüngeren Ursprungs. In der südlichen Hälfte zog sich eine zweite Ringmauer hin, die diesem Raum einen erhöhten Schutz gab. Hier lagen die Wirtschaftsgebäude, aber auch der gewaltige viereckige Bergfried mit seinem starken, festen Bruchsteinmauerwerk, der vier Geschosse barg und mit Schießscharten versehen war und jedenfalls die letzte Zuflucht in stärkster Bedrängnis bildete. Daß die Burg als festes Bollwerk gegen feindliche Angriffe erbaut war, beweisen heute noch die hier und da sichtbaren Reste der Wehrgänge, die sich sowohl innerhalb der äußeren wie der inneren Ringmauer zum Teil auf gemauerten Pfeilern und Bögen, zum Teil auf hölzernen, in die Mauer eingelassenen Balken hinzogen, die zahlreichen Schießscharten und die gewaltigen Mauerstärken selbst, die bei Höhen bis zu 7 Meter eine Dicke bis zu 2 ½ Meter zeigte.

Der Eingang zur Burg lag und liegt auch heute noch nach Norden zu. Die Torburg ist noch ziemlich erhalten. Sie hat an der äußeren Seite einen doppelten, mit einem Wulst im Scheitel versehenen Spitzbogen, durch den ein Fallgitter herabgelassen werden konnte. Die steinerne Brücke, die zum Burgtore führt, ist später an Stelle der Zugbrücke, die den tiefen Graben überspannte, erbaut worden.

So war die Burg in jeder Hinsicht eine wehrhafte Anlage. Die Erkertürmchen, die mit ihren drei Schießscharten die Bestreichung der Front und der Flanken gestatteten, erhöhten ihre Widerstandsfähigkeit. Wann die inneren Gebäude zerstört worden sind, ist nicht festgestellt. Das alte Forsthaus nahe dem Tor datiert, wie bereits gesagt, aus dem Jahre 1721.

*

Die spannende Handlung unseres Romans spielt sich zum größten Teile auf der Hardtburg ab. Ihr Held, Joseph Fervers, der „Soldat aus Kirchheim“, stammt aus dieser uralten fränkischen Siedlung, deren überliefertes Brauchtum in dem Roman eine Rolle spielt. Die Umgebung, Stotzheim, Kreuz-Weingarten und Antweiler, der Flamersheimer Wald, aber auch die Mithauptstadt Euskirchen und die Burg zu Kessenich geben dem interessanten Geschehen seinen Hintergrund. Doch wir wollen nicht zu viel verraten. Wir sind überzeugt, daß der neue Roman bei unserm Leserkreis wiederum lebhaftes Interesse wecken und bis zum Schlusse in Spannung halten wird.




Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 24. Dezember 1937
*) Rechtschreibung: Übernahme der Schreibweise Mudscheid und Mastricht vom Original.




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