Naturschutz und Heimatpflege im Kreise Euskirchen
Bericht über den Stand der Kreisstelle am 1. April 1931




Die heutige Lebensweise hat es mit sich gebracht, daß die meisten Menschen an den Schönheiten der Natur achtlos vorübergehen. Auch wird alten Natur- und Kulturschätzen, die über Leben und Sitten unserer frühesten Vorfahren Aufschluß geben, immer weniger Interesse geschenkt. Die obersten Behörden sahen sich daher veranlaßt, durch die Tier- und Pflanzenschutzordnung und das Ausgrabungsgesetz, die Natur zu schützen und die Kulturgüter sicherzustellen. Im weiteren Verfolg hierzu erging Anfang des Jahres 1929 eine Anregung des Regierungspräsidenten in Köln an alle Landräte, nach dem Beispiel der Provinz Westfalen und Brandenburg sämtliche in dem Naturschutz beteiligten Organisationen und interessierten Vereine durch einen sogenannten Naturschutzring zusammenzufassen. Da der Kreis Euskirchen insbesondere in seinem südlichen Teile einzigartige Schönheiten in der Pflanzen- und Vogelwelt birgt und in seinen zahlreichen Schlössern, Burgen, alten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und in den Sammlungen im Probsteimuseum in Zülpich usw. große Kulturschätze besitzt, galt es, sich dieser Güter mit besonderer Sorgfalt anzunehmen. Auf eine Rundfrage des Landrates stellten sich bereitwilligst interessierte Persönlichkeiten und Vereine des Kreises zur Verfügung. So wurde im Mai 1929 die Kreisstelle für Naturschutz- und Heimatpflege im Kreise Euskirchen gebildet. Folgende Personen gehörten ihr an: Landrat Mertens, Euskirchen, als Leiter, Prof. Dr. Klee, Euskirchen, Landwirtschaftsrat Dr. Reuther, Lechenich, Landwirtschaftsrat Dr. Legge, Zülpich, Fabrikdirektor Moritz Stieb, Euskirchen, Direktor Jakob Esser, Euskirchen, Lehrer Paul Pesch, Zülpich, Schulrat Norbisrath, Euskirchen, Dr. Nick, Euskirchen, Pfarrer Reinartz, Kreuzweingarten, Pfarrer Strackerjahn, Euskirchen, Kreisbaumeister Bodarwe, Euskirchen, Stadtbaumeister Leven, Euskirchen, Kreisausschußobersekretär Martier, Euskirchen und als Geschäftsführer Kreisoberinspektor Meul, Euskirchen.

In der ersten Besprechung der Kreisstelle im Oktober 1929, an der auf dem Gebiete des Naturschutzes und der Heimatpflege hervorragende Persönlichkeiten, wie Dr. Karpa, Düsseldorf, als Vertreter des Verbandes rheinischer Heimatmuseen und Reichsoberarchivar Dr. Kisley, Düsseldorf, teilnahmen, wurde der Aufgabenkreis und ein Arbeitsplan der Kreisstelle festgelegt. Als Hauptaufgabe der Stelle wurde das Hineintragen des Naturschutzgedankens in weite Kreise der Bevölkerung und die Sicherstellung von kulturhistorischen Funden angesehen.

Hierzu sollen dienen, Veröffentlichungen in der Presse, Vorträge, Besichtigungen, Hinweise in Schulen und Vereinen usw. In allen Orten des Kreises wurden Vertrauensleute bestellt. Ihnen liegt es ob, innerhalb ihres Ortes für den nötigen Naturschutz und bei Bekanntwerden von Funden für deren Sicherstellung und vorläufige Ueberweisung an das Städtische Museum in Zülpich Sorge zu tragen. Als weitere Veranstaltung fand am 1. April 1930 im Saale Joisten in Euskirchen ein Vortrag eines genauen Kenners des Kreises Euskirchen, d. h. des Herrn Professors Nießen in Bonn über „Allgemeine und besondere Aufgaben des Naturschutzes und der Heimatpflege im Kreise Euskirchen“ statt. Der Redner wies darauf hin, daß in den letzen 50 Jahren bedauerlicherweise ein langsames Verschwinden bemerkenswerter Naturdenkmäler und Naturschönheiten allerorts, so auch im Kreise Euskirchen, festgestellt würde. Durch Lichtbilder und Herbarbogen zeigte er die in Deutschland einzig dastehenden Pflanzenarten des Calcarer Moores, wobei er auch auf dessen Tierwelt hinwies. Auch sei das Eschweiler Tal reich an seltenen Tieren und Pflanzen. In der sich hieran anschließenden sehr regen Aussprache wurde u. a. eine Besichtigung des Calcarer Moores unter Führung des Redners gewünscht. Diese konnte dann auch am 8. Juli 1930 stattfinden. An ihr nahmen zahlreiche Mitglieder und Vertrauensleute der Kreisstelle teil. Hier konnten sich die Teilnehmer von den Schönheiten und der Eigenart des Moores und auch des Eschweiler Tales überzeugen. Gleichzeitig wurde eine Besichtigung des Römerkanals in Kreuzweingarten vorgenommen.

Das Calcarer Moor ist seit einigen Jahren in den Besitz des Kreises Euskirchen übergegangen. Hierdurch ist es gelungen, einen für die Wissenschaft sehr wertvollen Gebietsteil vor der Vernichtung seiner Eigenart zu bewahren.

Ueber alle im Kreise Euskirchen vorhandenen Naturdenkmäler ist eine Zusammenstellung angefertigt. Diese wird den Mitgliedern und Vertrauensleuten der Kreisstelle zur Kenntnisnahme und den Zeitungen des Kreises zur Veröffentlichung zugehen.

Im Interesse der Sicherstellung von Bodenfunden hat die Kreisstelle im Jahre 1930 ein Merkblatt herausgegeben. Es gibt Verwaltungsmaßregeln beim Antreffen von kulturhistorischen Funden. Um es in einen möglichst weiten Kreis der Bevölkerung zu bringen, wurde es allen Bürgermeistern, Pfarrern, Gemeindevorstehern, Lehrern des Kreises, sowie Mitgliedern und Vertrauensleuten der Kreisstelle zugestellt. Außerdem wird das Merkblatt vom Kreisbauamt allen Baugesuchen, soweit Fundamentierungs- oder Ausschachtungsarbeiten in Frage kommen, beigelegt. Die reichhaltigen Sammlungen an kulturhistorischen Gegenständen im Städtischen Propstmuseum Zülpich, im Besitz des Eifelvereins und der Schulen sowie von Privaten des Kreises Euskirchen zeigen, wie notwendig die Einrichtung einer einzigen Sammelstelle ist. Jedoch fehlen heute die Mittel, die Organisation des Naturschutzes und der Heimatpflege auszubauen. Nur über ganz geringe Mittel verfügt die Kreisstelle. Die Tätigkeit der Mitglieder der Kreisstelle erfolgt ehrenamtlich. Etwaige Unkosten, wie Erstattung barer Auslagen für Veranstaltungen usw. deckt die Kreisstelle durch Erhebung von Beiträgen. Einige Gemeinden des Kreises sind bereits, wenn auch mit geringen Beiträgen, dankenswerter Weise der Kreisstelle als Mitglied beigetreten.

Die heute so notwendige Wahrnehmung der Interessen des Natur- und Kulturschutzes sowie der Heimatpflege sollte allen Kreisbewohnern am Herzen liegen und sie anspornen, die Bestrebungen der Kreisstelle nach Kräften zu unterstützen.















Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 30. Juni 1931




Zurück zur Indexseite
Zeitungsartikel ©
© Copyright woengede