Kriegsverse XLIX.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich bei Weingarten, Kreis Euskirchen.

Sie und Wir.

Den Menschheitsfrühling, den wir tief ersehnen,
Den Traum von Glück in namenlosem Leid,
Kennt ihn die wilde Unversöhnlichkeit
Der andern, die uns schmähen und verhöhnen?
Wohl klingt es von Verheißung auch bei jenen,
Sie zu erfüllen, sind nur wir bereit;
All unser Träumen trägt das Friedenskleid,
Und jener Träumen schwelgt in Blut und Tränen.
Was wissen sie, die immer uns verachtet,
Von unsrer Sehnsucht hellem Schmiedefeuer,
Von unsrem Drang, der Menschheit Haus zu bauen!
Sie nennen uns Zerstörer, sich Befreier
Und taumeln wild, vom Rachegeist umnachtet
Und wähnen Flüche stammelnd Gott zu schauen.

Wir aber müssen unsre Hände regen,
Wie schwer am Leide auch die Seele trägt,
Nur dem, des Herz im Gleichmaß stetig schlägt,
Erwächst aus Sturm und Not der Erntesegen.
Wir dürfen nimmermehr Vertrauen hegen,
Daß unser Sinn der andren Sinn bewegt,
Daß sich beschämt die Wut des Sturmes legt,
Daß sich der Haß verirrt zu sanftren Wegen
Wir müssen stehn und felsenfest vertrauen
Dem Geist des Rechtes, der mit uns im Bunde,
Dem Geist der Menschheit, der zu uns geflohn,
Noch dürfen wir nicht in die Sterne schauen,
Noch wogt um uns ein Meer mit wildem Drohn,
Noch fordert alle Kraft von uns die Stunde.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1918, Nr. 10, S. 113, Eifelverein Düren




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