Kriegsverse XIV.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen

Das Gewebe.

I.

„Krieg soll nun sein!“ Wie jenes Wort erklang,
Zog an die Zeit ihr eisernes Gewand
Und legte zögernd aus der fleiß'gen Hand,
Dran rastlos sie gewoben jahrelang.

Des Sturmwinds' heulendes Entstehn verschlang,
Was tiefstes, reifstes Menschensinnen fand,
Das Wort von einem großen Friedensland
Ward über Nacht verschollner Kinderfang.

Mit einer einz'gen herrischen Gebärde
Zerriß ihr mühevolles Werk die Zeit,
Und was da kam, war uferlose Flut.

Die Rosse stampften dröhnend schon die Erde,
Raum blieb für Heldenschaft und Raum für Blut
Und Raum seitdem für grenzenloses Leid.

II.

Und einmal feiert wieder doch das Schwert.
Und all dies wilde riesenhafte Kriegen
Schickt wieder sich zu friedlichem Genügen.
Es spricht die Welt: nun ist genug zerstört.

Wie dann der Tag die ebne Straße fährt,
Wie sich die altvertrauten Fäden fügen,
Wer weiß das heute, wo noch ganz um Siegen
Und um Verlieren sich die Welt verzehrt.

Doch fügen werden sich die Fäden wieder,
Es kommt der Tag, da Freund und Feind sich findet,
Die Zeit von neuem an den Webstuhl geht.

Wer bauen will, gewiß, der reißt auch nieder,
Zerstörung ist und Schaffen eng verbündet,
Doch allen Daseins Sinn ist, daß entsteht.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1915, Nr. 10, S. 149-150, Eifelverein Düren




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